Politik-News: Vorschau zur Herbstsession 2023

AKTUELL


Essen Kinder wirklich am liebsten Pizza?

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Nachdem das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) Ende Juni seine Pläne für die weitere Regulierung von an Kinder gerichteter Werbung vorgestellt hat, teilt es nun mit, dass es erstmals eine nationale Studie zum Essverhalten von 6- bis 17-Jährigen in Auftrag gegeben habe. Erste Ergebnisse werden im Frühjahr 2025 erwartet. Eine Revision des Lebensmittelgesetzes durchzuführen, bevor die Resultate der Studie überhaupt erst öffentlich sind, scheint damit widersinnig. KS/CS ist der Meinung, dass die Ergebnisse zuerst ausgewertet und eingeschätzt werden müssen, bevor über Gesetzanpassungen überhaupt diskutiert werden kann. Zur BLV-Medienmitteilung.

News aus Bundesbern


Verbot von Aussenwerbung und Schaufensterbeleuchtung

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Der Nationalrat berät in der kommenden Session über die Motion 21.4616, welche die nächtliche Beleuchtung von Schaufenstern und Werbung verbieten möchte. Dabei erläutert der Bundesrat bereits in seiner Stellungnahme zutreffend, dass er keine verfassungsrechtliche Kompetenz habe, um Regelungen in diesem Bereich zu erlassen. KS/CS sieht keine Rechtfertigung, mit staatlichen Verboten in die Wirtschaftsfreiheit der Unternehmen einzugreifen, da der Stromverbrauch für Reklameleuchten bereits seit Jahren sinkt und Unternehmen eigenständig auf stromsparende Massnahmen setzen. Zum Vorstoss.

Pflicht der Kennzeichnung von politischer Werbung in den Medien

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Ginge es nach der Initiantin der Motion 21.4530, Greta Gysin, so müsste politische Werbung in den Medien als solche gekennzeichnet und für die Nutzerinnen und Nutzer klar erkennbar sein. KS/CS empfindet Eingriffe in die politische Diskussion jedoch als äusserst heikel. Der Bundesrat setzt zudem «eine breite öffentliche Debatte» voraus. Der Vorstoss kann sich aber bisher nicht auf genügend Erkenntnisse zur politischen Werbung stützen, welche einen solchen Eingriff notwendig machen könnten. Zum Vorstoss.

News aus der Branchenwelt


Wie Schweizer Arbeitnehmende die Generative KI nutzen und wie sie dazu stehen

Auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Programme sind inzwischen für die breite Öffentlichkeit zugänglich und werden auch zu bedeutenden Hilfsmitteln in der Arbeitswelt. Die Deloitte-Studie zeigt dabei, dass bereits sechs von zehn Angestellten, welche mit Computern arbeiten, KI-Programme in ihrem Berufsalltag integrieren. Im Allgemeinen stehen die Befragten dem Thema eher optimistisch gegenüber, sehen aber mögliche Risiken in ihrer Anwendung, insbesondere betreffend Datenschutz und Sicherheit. Zum Artikel.

 

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Politik-News: Frischer Start in die zweite Jahreshälfte!

AKTUELL


Regulierung der Lebensmittelwerbung

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Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) stellte Ende Juni seine Pläne für die weitere Regulierung von an Kinder gerichteter Werbung vor. Die mögliche Folge: Schweizer Produkte, wie Gruyère, die den Schwellenwert des Nährwertprofils der WHO überschreiten, dürfen nicht mehr an unter 13-jährige beworben werden. KS/CS wird sich zusammen mit der eigenen Arbeitsgruppe gegen solche Einschränkungen zur Wehr setzen. Zum BLV-Bericht.

Kostenloses Schulessen statt sinnloser Werbeverbote!

Bild: food-monitor.de

Werbeeinschränkungen bei Lebensmitteln sind auch im Ausland ein kontrovers diskutiertes Thema. Dabei kommt der Foresight Report der britischen Regierung zum Schluss, dass 106 verschiedene Faktoren zu Übergewicht führen können. Dass die Problematik auch anders bekämpft werden kann, zeigt das Gespräch mit Ernährungswissenschaftler Uwe Kopp. Zum Interview.

News aus Bundesbern


Tabak-Initiative: Die Initianten sehen den Volkswillen missachtet

Bild: aargauerzeitung.ch

An der Anhörung zur Umsetzung der «Tabakinitiative» in der Gesundheitskommission des Ständerats wurden mehrere Anpassungen gewünscht, da der Entwurf des Bundesrats eindeutig über die Forderungen der Initiative hinaus geht. So soll Tabakwerbung im Innenteil von abonnierten Zeitungen und Zeitschriften, die sich hauptsächlich an Erwachsene richten, erlaubt bleiben. Auch das Sponsoring von Veranstaltungen bleibt möglich und die Meldepflicht von Werbeausgaben soll gestrichen werden. Als nächstes wird der Ständerat in der Herbstsession über die Vorlage beraten. Hier die Medienmitteilung der Ständeratskommission nachlesen. Zum Artikel.

News aus der Branchenwelt


App-Angebot schrumpft nach Verbot personalisierter Werbung

«Ein Verbot, mit Apps Daten zu erfassen und damit Werbung zu personalisieren, würde das App-Angebot und die Zahl der Updates deutlich reduzieren.» Dies zeigt eine Studie der Technischen Universität München (TUM) anhand des Verbots bei Kinder-Android-Apps. Die Forscher gehen davon aus, dass es einen ähnlichen Rückgang des Angebots nach einem Verbot bei Apps für Erwachsene geben könnte. Zum Artikel.

 

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Die rechtliche Regulierung der Werbung in der Schweiz und in der EU

Von Grün bis Rot: Gesetzgebung hat viele Facetten.

Autor: Marc Schwenninger, Leiter Rechtsdienst KS/CS: zVg (publiziert in «Persönlich», Sonderausgabe Juni/Juli 2023)

Das grundlegende Verbot der Unrichtigkeit und Irreführung

Das schweizerische Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verbietet jegliche unrichtige oder irreführende kommerzielle Kommunikation von Unternehmen. Verschärfend kommt hinzu, dass den werbenden Unternehmen die Beweislast auferlegt wird, die Richtigkeit ihrer Werbeaussagen nachweisen zu können. Verstösse gegen dieses Richtigkeitsgebot respektive Irreführungsverbot können auch strafrechtlich verfolgt werden. Das Gesetz sieht einen Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor. Auch in der EU sind das Richtigkeitsgebot und das Irreführungsverbot von zentraler Bedeutung. Umfassende EU-Regulierungen dazu finden sich in der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken und der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung.

Werbung ist die am stärksten regulierte Kommunikationsform

Die Strenge dieser Vorgaben an die kommerzielle Kommunikation zeigt sich beispielsweise im Vergleich zur schweizerischen Gesetzgebung zur redaktionellen Kommunikation, welche wettbewerbsbeeinflussend ist. Bei der redaktionellen Kommunikation ist im Gegensatz zur kommerziellen Kommunikation nicht jede unrichtige oder irreführende Aussage über Unternehmen oder deren Produkte ein Gesetzesverstoss. Vielmehr muss die Unrichtigkeit oder Irreführung ein Mass erreichen, welches einer eigentlichen Herabsetzung gleichkommt. In der politischen und privaten Kommunikation ist Unrichtigkeit oder Irreführung sogar per se nicht unzulässig. Die Grenzen werden hier durch spezialgesetzliche Sondertatbestände wie zum Beispiel das strafrechtliche Verbot der Ehrverletzung gezogen. Im Zusammenhang mit Diskussionen rund um Fake News und Hate Speech scheinen sich aber auch hier Verschärfungen abzuzeichnen. In der EU wird im Rat und im Europäischen Parlament aktuell beispielsweise über eine Verordnung über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung diskutiert. Politische Werbung soll zumindest transparent und klar erkennbar werden.

Spezialbestimmungen zum Thema Werbung

Die Werberegulierung in der Schweiz und in der EU zeichnet sich dadurch aus, dass sich der Gesetzgeber nicht mit allgemeinen Vorgaben zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten sowie der Mitbewerber zufrieden gibt. Vielmehr sieht er sich genötigt, unzählige Detailbestimmungen verstreut über die ganze Gesetzgebung zu erlassen. In der Schweiz umfasst das auch sämtliche vertikale Stufen von Bund, Kantonen und Gemeinden. Im Buch „Werberecht“ von Schwenninger/Senn/Thalmann (2. A, Zürich 2010) finden sich rund 400 Seiten mit werberelevanten Bestimmungen und kurzen Erläuterungen dazu. Es ist davon auszugehen, dass dieser Umfang in den letzten Jahren nicht abgenommen, sondern vielmehr massiv zugenommen hat. Illustrativ ist beispielsweise der Artikel 3 des schweizerischen Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zu den unlauteren Werbe- und Verkaufsmethoden. Alleine dieser einzelne Gesetzesartikel in diesem einzelnen Gesetz umfasst mehr als 20 verschieden Tatbestände von widerrechtlichem Verhalten im Zusammenhang mit kommerzieller Kommunikation und Marketing. Von noch grösserer Regelungsdichte ist beispielsweise das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.

Systematisch lassen sich Werbevorschriften unterteilen in:

  • Vorschriften für einzelne Werbemassnahmen wie zum Beispiel vergleichende Werbung oder das Werben mit Werbegewinnspielen,
  • Besondere Vorschriften für einzelne Werbemedien wie zum Beispiel Aussenwerbung, Radio und Fernsehen,
  • Vorschriften für Massnahmen zur Verkaufsförderung wie zum Beispiel der Fernabsatz,
  • Vorschriften für einzelne Waren und Dienstleistungen wie zum Beispiel Lebensmittel, Alkohol oder Finanzdienstleistungen,
  • Vorschriften für einzelne Personenkategorien von Werbenden wie zum Beispiel Werberestriktionen für Ärzte oder Rechtsanwälte.

Schweizerische Werberegulierung kann auch über den EU Standard hinausgehen

Es ist nicht so, dass die schweizerische Gesetzgebung immer liberaler ist als die Gesetzgebung der EU. Illustrativ dazu sind die äusserst strengen Vorgaben für Alkoholika, welche dem Alkoholgesetz unterstehen. Hier macht der schweizerische Gesetzgeber zum Beispiel die radikale Einschränkung, dass Werbung für solche Produkte in Wort, Bild und Ton nur Angaben und Darstellungen enthalten darf, die sich unmittelbar auf das Produkt und seine Eigenschaften beziehen. Das Werben mit «Bacardi-Feeling» am Strand findet in der Schweiz im Gegensatz zu Deutschland somit nicht statt. Und auch die Marke «Jägermeister», die für ihr innovatives Marketing bekannt ist, hat mit Blick auf die Schweiz und die Schwierigkeit der hiesigen Marktbearbeitung festgestellt (persönlich, Interview vom 25.7.2013, „Wenn wir jetzt nicht Relevanz nachschütten, ebbt der Boom ab“): „Ich finde das immens – vor allem wenn man bedenkt, wie streng die Restriktionen in Punkto Werbung in der Schweiz sind. Die Vorschriften werden immer strenger. Alles, was Emotionen weckt, ist im Zusammenhang mit einer Spirituose nicht erlaubt.“

Schweizerische Werberegulierung im Einklang mit EU Standards

Wie in anderen Wirtschaftsbereich auch gibt es Bereiche, in welchen die schweizerische Werberechtsregulierung die EU Gesetzgebung adaptiert und weitestgehend übernimmt. Ein illustratives Beispiel dafür ist das Lebensmittelrecht. Das Werben für Lebensmittel ist juristisch hoch komplex geworden. Jegliche Werbeaussage zu Lebensmittel muss strengstens dahingehend geprüft werden, ob ihr eine Bedeutung im Sinne einer Heilanpreisung gegeben werden könnte, was nur für Heilmittel zulässig ist. Und selbst Aussagen mit Bezug zur Gesundheit sind verboten, sofern sie nicht gesetzlich vorgesehen oder im Einzelfall bewilligt worden sind. Dazu bestehen eigene Anhänge zu einer Verordnung des EDI betreffend die Information über Lebensmittel (LIV), welche die zulässigen nährwertbezogenen Angaben sowie die zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben einschliesslich deren Voraussetzungen für ihre Verwendung definieren. So kommen auf mehreren Dutzend Seiten etwas über 30 zulässige Nährwertangaben (z.B. „fettarm“, „zuckerarm“, „hoher Proteingehalt“, „light“) und über 200 zulässige Gesundheitsangaben mit je detaillierten Vorgaben zusammen (z.B. „Coffein dient der kurzfristigen körperlichen Leistungsfähigkeit“, „Jod trägt zur normalen kognitiven Funktion bei“, „Vitamin A trägt zur Erhaltung normaler Sehkraft bei“). „Gemüse ist gesund“ findet sich nicht unter diesen zulässigen Gesundheitsangaben zu Lebensmitteln.


Bald eine Welt ohne Werbung?

Times Square ohne Werbung? Unvorstellbar.

Autor: Jürg Bachmann: zVg (publiziert in «Persönlich», Sonderausgabe Juni/Juli 2023)

Die Frage, ob es Werbung braucht und wie eine Welt ohne Werbung aussähe, ist uralt. Vor sechzig Jahren, im Jahr 1963, widmete der berühmte Werber David Ogilvy in seinem Buch «Geständnisse eines Werbemannes» das Schlusskapitel der Frage, ob es nicht besser wäre für die Menschheit, die Werbung einfach abzuschaffen. Sie verführe doch zu Ausgaben, die sich Konsumentinnen und Konsumenten gar nicht leisten könnten; überhaupt werde in der Werbung übertrieben, wenn nicht gar brandschwarz gelogen; Werbung bevorteile sowieso jene Unternehmen, die sich dank einer starken Marktposition und einem Haufen Geld viel davon leisten könnten und drücke die kleineren Anbieter aus dem Markt; erst recht fürchten Journalistinnen und Journalisten jede Nähe zu Werbung wie der Teufel das Weihwasser (auch wenn die Medien, für die sie arbeiten, und damit sie selber zu einem grossen Teil von Werbeeinnahmen leben). Wäre die Gesellschaft nicht glücklicher ohne das Grundübel Werbung, das zu Taten animiert, die man lieber bleiben lassen sollte?

Als Fürsprecher für die Werbung zitierte Ogilvy zwei Persönlichkeiten, die nicht aus der Werbewelt kommen, also unverdächtig sind: den ehemaligen amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt und Winston Churchill, der für jede Lebenslage ein Zitat parat hat.

Der erste sagte sinngemäss: würde ich mein Berufsleben noch einmal neu anfangen, würde ich wohl Werber. Denn ohne Werbung wäre es in den letzten 50 Jahren unmöglich gewesen, den Lebensstandard so zu erhöhen, wie das erfolgt ist. Und der zweite sah in der Werbung vor allem die Kraft, Wünsche zu formulieren und Ansporn für die Erreichung von Zielen zu setzen. Das nütze der Produktivität einer Gesellschaft und darum dem Gemeinwohl. Auf einen Punkt gebracht sagten beide: Werbung stärkt die Volkswirtschaft und das Gemeinwohl.

Lieber Erziehungsprogramme statt Werbung?

Irgendwann muss einem Teil der Gesellschaft dieses Verständnis abhandengekommen sein. Werbung soll stören und lästig sein, gar verantwortlich für Fehlentwicklungen der Gesellschaft. Liest man Vorstösse, die im eidgenössischen Parlament während jeder Session eingereicht werden, scheint es, als störten sich insbesondere linke und grüne Politikerinnen und Politiker daran, dass Werbung auch Inhalte kommuniziert, die im Widerspruch stehen zu ihrem eigenen Weltbild. Werbung für bestimmte Produkte und Dienstleistungen, die sie anhand eines eigenen Wertekanons als schädlich für die Gesellschaft einstufen, soll eingeschränkt oder verboten werden. Werberegulierung wird zum gesellschaftserziehenden Programm. Weg vom Ideal einer aufgeklärten, offenen und selbstverantwortlichen Gesellschaft. Der Staat weiss, was für die Bürgerinnen und Bürger gut ist. Nur das darf kommuniziert werden, der Rest ist zu verbieten.

Also bald eine Welt ohne Werbung?

In unserem Verständnis, und im Gegensatz zum oben dargelegten, gehört Werbung zur Meinungsäusserungsfreiheit, die von der Verfassung garantiert ist. Zwar wird der Begriff der Werbefreiheit in der Bundesverfassung nicht ausdrücklich genannt. Aber nach herrschender Lehre und Rechtsprechung ist die Werbefreiheit Teil der in der Verfassung garantierten Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 Bundesverfassung). Auch das Bundesgericht hat schon klar festgehalten, dass die Freiheit der kommerziellen Werbung über die Wirtschaftsfreiheit gewährleistet wird und darüber hinaus auch noch die Meinungsäusserungsfreiheit angerufen werden kann. Der Gesetzgeber sieht also keine Welt ohne Werbung vor.

Werbung ist Information und diese muss garantiert werden

Aus staats- und demokratiepolitischen Gründen sind Werbeverbote darum nicht einfach ein gesetzgeberisches Gestaltungselement, von dem der Gesetzgeber einfach so Gebrauch machen darf. Für ein Werbeverbot müssen schwerwiegende Gründe vorliegen und diese sind stichhaltig zu beweisen, bevor ein Werbeverbot ausgesprochen wird.

Nicht genau überprüfbare Studienergebnisse, die die Schädlichkeit von Stoffen beweisen sollen, reichen nicht für ein Werbeverbot. Das gilt für Tabakwerbung, wie für Werbung für Lebensmittel-, Mobilitäts- oder andere Werbung. In unserem Gesellschafts- und Rechtssystem gehen wir in der Schweiz davon aus, dass Bürgerinnen und Bürger nicht nur in der Lage sind, sich regelmässig mehrmals pro Jahr vor Wahlen und Abstimmungen eine Meinung zu bilden, sondern auch im Einkaufsgeschäft oder beim Online-Einkauf über diese Fähigkeit verfügen. Ihnen die Möglichkeit zu nehmen, sich über Werbung zu informieren und sich selber ein Blick über Nutzen und allenfalls Schaden zu bilden, halten wir für einen schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Freiheit der Konsumentinnen und Konsumenten. Grundsätzlich soll beworben werden dürfen, was legal hergestellt und gehandelt werden kann.

Hilft Selbstregulierung?

Um Erwartungen von Politik und Verwaltung vorauseilend zu erfüllen, wurde in den letzten Jahren oft auf Selbstregulierung gesetzt. Das waren oft verpflichtende Kompromisse, auf die sich die Marktpartner einigten. Viele solche Selbstdeklarationen funktionieren gut. Bloss: nun scheint das der Politik zuweilen nicht zu reichen. Viele Anstrengungen der produzierenden Industrie, gerade im Bereich der Lebensmittel oder des Tabaks, wurden nicht oder wenig honoriert. Darum will ein Teil der Politik zum einfachsten Mittel greifen, zur Werberegulierung, sprich zu Werbeeinschränkungen und -verboten.

Dieser Trend ist zu stoppen. Für die Meinungsbildung der Bürgerinnen und Bürger, der Konsumentinnen und Konsumenten ist Werbung ein zu wichtiges Gut. Sie trägt zur Transparenz und Konkurrenz bei. Eine funktionierende Volkswirtschaft braucht Werbung. Und Politikerinnen und Politiker, die dazu Sorge tragen.


Neue Perspektive in der Kommunikation

«Prüfungsreform soll die Kommunikationsbranche weiterbringen», sagt Pascal Chenaux im Interview.

Autor: Ekaterina Petrova: zVg (publiziert in «Persönlich», Heft 07/2023)

Warum war diese Prüfungsreform nötig?

Basis für die neue Prüfung war eine umfangreiche Berufsfeldanalyse, bei welchen die Bedürfnisse und Anforderungen seitens Unternehmen und Kommunikationsagenturen aufgenommen und analysiert wurden. Im Rahmen der Auswertungen erkannten wir, dass sich die Aufgaben und der Fokus moderner Kommunikationsleiterinnen und Kommunikationsleiter deutlich verändert haben. Einerseits in Bezug auf die Digitalisierung und die Automatisierung, andererseits auch auf das Verständnis für die Kommunikation als Ganzes, bzw. die Verschmelzung zwischen Unternehmens- und Marketingkommunikation. Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, PR Suisse als Kompetenz für Unternehmenskommunikation in die Prüfungsreform zu integrieren und gemeinsam eine moderne und zeitgemässe Prüfung zu gestalten, welche sowohl den Absolvierenden wie auch der Wirtschaft Mehrwert und eine zukunftsorientierte Perspektive bietet.

Was sind denn die konkreten Unterschiede und Vorteile der neuen Prüfung?

Die wesentlichen Unterschiede liegen im Prüfungsdesign. Während die Prüfung bis anhin aus elf Prüfungsteilen bestand, wurden diese auf bis vier Teile reduziert. Im Rahmen der schriftlichen Prüfungen liegt der Fokus klar auf der Unternehmenskommunikation sowie auf der kommerziellen Kommunikation, welche mit fundierten Praxisfällen à je vier Stunden geprüft werden. Ergänzende Themengebiete wie Marketing und Marktforschung sowie Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft und Unternehmensführung werden in sogenannten Mini-Cases à je zwei Stunden geprüft und runden den schriftlichen Teil ab.

Wie sieht es bei den mündlichen Prüfungen aus?

Ein grosser Unterschied liegt auch im Design der mündlichen Prüfungen. Während früher Fachgespräche in der Volkswirtschaftslehre und im Recht geführt wurden, setzen wir heute auf Critical Inzidentes. Dem entsprechend stellen wir die Kandidierenden vor kritische Situationen, welche sie, basierend auf ihrem Fachwissen, lösen bzw. stabilisieren und sinnvoll kanalisieren müssen.

Welche Bedeutung nimmt die Diplomarbeit ein?

Die Diplomarbeit ist ein zentrales, wichtiges und praxisrelevantes Transferelement der Prüfung und wurde stärker gewichtet. Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass die Kandidierenden ihre erworbenen Kompetenzen im Rahmen einer selbst gewählten Diplomarbeit vertiefen und auch den jeweiligen Auftraggeberinnen und Auftraggeber bzw. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber einen Mehrwert bieten können. Das heisst, dass die Kandidierenden selber entscheiden, ob das Thema ihrer Diplomarbeit ausschliesslich PR oder ausschliesslich Marketing/Kommunikation oder beide Bereiche beinhaltet, so dass es jeweils einem spezifischen Projekt/Bedürfnissen Rechnung trägt, also schon wieder, sehr praxisbezogen und mehrwertstiftend.

An wen richtet sich die Weiterbildung?

Gemäss Analyse bietet die Prüfung vor allem Marketing- und Kommunikationsfachleuten eine spannende Perspektive, um sich in der strategischen Kommunikation zu etablieren. Wir haben jedoch auch diverse Feedbacks von Marketingleiterinnen und Marketingleitern erhalten, welche die Weiterbildung als Chance sehen, sich im Bereich der strategischen Kommunikation zu spezialisieren und weiterzuentwickeln. Zeitgemässe Zulassungsbedingungen und eine klar definierte Wegleitung bietet aber auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern ohne spezifische Vorbildung in den Bereichen Marketing und Kommunikation die Möglichkeit, die höchste eidg. Prüfung in der Kommunikationsbranche zu absolvieren.

Im Bereich Kommunikation besteht ein grosses Angebot an Weiterbildungen. Welche Vorteile sprechen deiner Meinung nach für den Abschluss einer eidg. Fachausbildung bzw. einer höheren Fachausbildung wie dieser?

Es liegt mir fern Weiterbildungen bzw. einzelne Formate gegeneinander auszuspielen. Meiner Meinung nach hat jede Weiterbildung seine Berechtigung, sofern diese den Teilnehmenden ermöglicht, sich in ihrem beruflichen oder privaten Umfeld weiterzuentwickeln. Der Vorteil von eidgenössischen Prüfungen liegt darin, dass bei Fachprüfungen (bsp. Kommunikationsfachleute mit eidg. Fachausweis) und höheren Fachprüfungen (bsp. Kommunikationsleiter und Kommunikationsleiter mit eidg. Diplom) konkrete Inhalte und zu erreichende bzw. zu prüfende Kompetenzen definiert sind. Wie erwähnt werden die zu erreichenden Kompetenzen vom Staatssekretariat für Bildung Forschung und Innovation und den jeweiligen Berufsverbänden im Rahmen von Berufsfeldanalysen evaluiert. Deswegen widerspiegeln eidgenössische Prüfungen die erforderlichen Kompetenzen aus der Wirtschaft und ermöglichen eine gezielte und praxisorientierte Weiterbildung.

Weitere Informationen zu Weiterbildungsinstituten, Wegleitung und Zulassungsbedingungen finden Sie hier.

Nächste Termine

Schriftliche Prüfung: Donnerstag, 4. und Freitag, 5. April 2024
Mündliche Prüfung: Donnerstag, 16. Mai 2024

Prüfungssekretariat
KS/CS Kommunikation Schweiz und pr suisse
Ernastrasse 22
8004 Zürich

Tel. +41 44 211 23 24
E-Mail 

Zur Person

«Pascal Chenaux hat rund 15 Jahren in den Bereichen Marketing und Kommunikation gearbeitet und war rund zehn Jahre in der Erwachsenenbildung tätig. Heute ist er Leiter Marketing & Verkauf und Mitglied der Geschäftsleitung bei 2communicate ag.»


Politik-News: Städtische Werbefreiheit erneut bewahrt!

AKTUELL


Freiburg lehnt ein generelles Verbot für kommerzielle Werbung ab

Bild: freiburger-nachrichten.ch

Kommerzielle Werbung auf städtischem Boden bleibt grundsätzlich weiterhin erlaubt, mit einigen Ausnahmen. Zudem ist ein drohendes Werbeverbot für Glücksspiele vom Tisch. Diese Entscheide fällte der Freiburger Generalrat kürzlich. Zudem dehnte er das bereits bestehende Werbeverbot für Tabak, Alkohol und Kleinkredite auf fossile Energien und Erdölprodukte aus. Ein fragwürdiger Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit. Zum Artikel.

News aus der Branchenwelt


Echt oder Fake? - KI in der Politwerbung: Ein Plakat entzweit die Gemüter

Bild: srf.ch

Die eidgenössischen Wahlen sind nicht mehr weit entfernt. So laufen auch die politischen Werbekampagnen auf Hochtouren, welche oft zu hitzigen Debatten führen. Wird dann zusätzlich künstliche Intelligenz (KI) dazu verwendet, kommen gewisse Kreise schnell in ein Regulierungsfieber. Um einen kühlen Kopf beim Thema zu bewahren, empfehlen wir das Positionspapier zum regulatorischen Umgang mit KI von economiesuisse. Zum Artikel.

 

Neue Leitlinie der WHO für Werbeeinschränkungen beim Lebensmittelmarketing

Bild: unsplash.com

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine neue Leitlinie veröffentlicht, welche Empfehlungen für an Kinder gerichtetes Lebensmittelmarketing auflistet. Konkret sollen Lebensmittel, welche einen hohen Fett-, Zucker- oder Salzgehalt haben, nicht beworben werden, um so Jugendliche angeblich vor Übergewicht zu schützen. So würde eine Cervelat indes einer Zigarette gleichgestellt, was unverhältnismässig und absurd wäre. Zur Publikation der WHO-Leitlinie.

 

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«Drohende Werbeverbote können unsere Volkswirtschaft beschädigen»

Werbung sei «Baustein eines funktionierenden Wettbewerbs», erklärte Bundesrat Guy Parmelin an unserer Mitgliederversammlung in Bern. Wir danken dem Schweizer Volkswirtschafsminister für seine Feststellung und lassen uns bei unserer Verbandsarbeit davon leiten. Ohne Werbung keine funktionierende Wirtschaft. Und erst recht kein Wettbewerb. Sondern Intransparenz und Blindflug für Unternehmen, Konsumentinnen und Konsumenten. Keine Option für unser Land.

Geworben wird allerdings immer. Bloss: «Wer macht Werbung?» Nationalrat Gregor Rutz, Präsident der Parlamentarischen Gruppe «Markt und Werbung» warnte an unserer Mitgliederversammlung vor einer Umkehr der Regeln. Mit Werbeeinschränkungen und -verboten versucht ein Teil der Politik zuerst die gut funktionierenden Instrumente der Wirtschaft zu zerstören und nimmt Konsumentinnen und Konsumenten damit die Möglichkeit, sich ideal zu informieren. Bloss um dann selber mit seinen eigenen Geboten und einschränkenden Positionen zu werben. Gegen eine solche Entwicklung kämpfen wir von KS/CS Kommunikation Schweiz aus täglich.

Das ist auch dringend nötig. Neustes Beispiel ist die Diskussion um Werbeverbote bei Lebensmitteln in Deutschland. Auch in seinem neuen Referentenentwurf will Bundesminister Cem Özdemir an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung verbieten, da 15% der Kinder übergewichtig sind (Quelle: Robert Koch Institut). Nun belegen Studien aber, dass es zwischen Werbung und Übergewicht keinen klar nachweisbaren Zusammenhang gibt. Dennoch: würden solche Verbote mit behördlich festgesetzten Grenzwerten eingeführt, hätten alle, die in der Werbewirtschaft arbeiten, darunter zu leiden: die Produzentinnen und Produzenten, die Werbeauftraggeberinnen und -auftraggeber, die Agenturen und die Medien, die von Werbeeinnahmen leben. Ähnliche Diskussionen wie in Deutschland gibt es auch in der Schweiz. Sie zeigen, dass die drohenden Werbeverbote nicht mehr einfach politische Sandkastenspiele sind, sondern rasch die Substanz unserer Volkswirtschaft beschädigen können. In unserer Arbeitsgruppe «Lebensmittel» beschäftigen wir uns intensiv mit diesem Themenbereich.

Gewundert haben wir uns über den Bundesrat, der in seiner Vorlage zur Umsetzung der Initiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» ohne Auftrag weit über den Initiativtext und den Text des Tabakproduktegesetzes (TaPG) hinausgeht. Bei seinem Vorschlag übergeht der Bundesrat nicht nur die Kritik, die im Vernehmlassungsverfahren vorgebracht wurde, sondern auch den Initiativtext, der vom Volk angenommen wurde, und das Tabakproduktegesetz, das das Parlament erst im Herbst 2021 nach langen Beratungen und zahlreichen Kompromissen verabschiedet hat. Mit seinem Vorschlag setzt der Bundesrat eine eigene Agenda um, die sich mehr an den Anforderungen der WHO auszurichten scheint als an der Schweizer Rechtsordnung. Dieses Vorgehen ist entschieden abzulehnen und zu bekämpfen.

Schliesslich ist uns der Bericht des Preisüberwachers über die Online-Werbung in der Schweiz aufgefallen. Im Rahmen einer Marktbeobachtung hat sich der Preisüberwacher mit dem Wandel im Werbemarkt beschäftigt und festgestellt, dass «die marktmächtige Position von Google aus wettbewerblicher Sicht Fragen aufwirft». Erstaunlich, dass dieser Bericht bist jetzt wenig Aufmerksamkeit gefunden hat. Wir werden ihn jedenfalls im Auge behalten.

Konkret haben wir uns bei KS/CS auch um diese Themen gekümmert:

  • Nachdem wir bereits im Frühling mit der Ablehnung der parl. Initiative 22.436 von Nationalrätin Isabelle Pasquier-Eichenberger einen Erfolg für die Automobilwerbung erreichten, doppelten wir in der gerade beendeten Sommersession nach und erzielten, dass Werbung für Saisonwaren flexibler gestaltet werden kann (Motion 21.4161).
  • Zwei Postulate in der Stadt Zürich stehen ebenfalls in unserem Fokus: Das eine möchte den Ausbau von Werbeflächen verbieten und das andere digitale Werbeflächen auf öffentlichem Grund gar ganz abschalten. Das Parlament hat beide Vorstösse angenommen und an den Stadtrat überwiesen.

All diese Themen werden uns auch in den nächsten Monaten beschäftigen. Ein besonderes Augenmerk werden wir dann auch auf den Bereich «Künstliche Intelligenz und Regulierung der Werbung» legen. Dazu haben wir bereits eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen.


Politik-News: Wir wollen keine politische Bewertung von Lebensmitteln!

AKTUELL


Schweizer Werbemarkt: Erstmals im Jahr ein Wachstum verzeichnet

Bild: persoenlich.com

Im letzten Monat konnte der Schweizer Werbemarkt zum ersten Mal in diesem Jahr ein Wachstum ausweisen. Dabei führten Plakat- (+19%) und Online-Werbung (+28%) die Branche an. Seit Jahresbeginn konnte der Werbedruck einen Bruttoumsatz von 2,55 Milliarden Franken erzielen, was noch immer hinter den 3 Milliarden Franken im Jahr 2019 zurückfällt. Zum Artikel.

News aus Bundesbern


Werbeverbot für Süssigkeiten ist staatliche Übergriffigkeit

Bild: nzz.ch

Lebensmittelwerbung bleibt weiterhin ein stark politisiertes Thema. Wie in Deutschland werden auch in der Schweiz Diskussionen darüber geführt, was bei unseren Bürgerinnen und Bürgern auf den Teller gehört. Der NZZ-Kommentar bringt dabei die Problematik gelungen auf den Punkt. KS/CS nimmt diese Woche an einer Veranstaltung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) teil, um erste Erkenntnisse aus einer Untersuchung zu erhalten und mögliche Pläne der Behörden auszuloten. Die Resultate daraus sind für die im Parlament hängigen Vorstösse besonders relevant. Zum Kommentar.

News aus der Branchenwelt


Werbeverbote für Lebensmittel: Fehlt die verfassungsmässige und wissenschaftliche Grundlage?

Der Entwurf für ein Lebensmittel-Werbegesetz in Deutschland steht auf wackligen Beinen: Ein vom deutschen Lebensmittelverband und der Deutschen Werbewirtschaft in Auftrag gegebenes juristisches Gutachten kommt zum Schluss, dass der aktuelle Gesetzesentwurf zu Werbeverboten verfassungs- und europarechtswidrig sei. Die detaillierten Ausführungen finden Sie hier. Auch der wissenschaftlich nachweisbare Zusammenhang zwischen Werbung und Übergewicht ist umstritten, wie Beispiele einer zweiten Studie zeigen. Zur Artikel.

Studie: So wirkt sich der Aufstieg von KI auf die Medienlandschaft aus

Die Schweizer Denkfabrik W.I.R.E analysierte in einer aktuellen Studie, wie sich Künstliche Intelligenz (KI) auf die Medien auswirken könnte. Sie kommen zum Ergebnis, dass die Dominanz von Technologie-Plattformen weiter zunimmt und durch die automatisierte Erstellung von Inhalten zwar mehr Effizienz, aber auch ein zunehmender Vertrauensverlust in digitale Kanäle resultiert. KS/CS beschäftigt sich mit dem Thema KI bereits ausführlich. Zum Artikel.

 

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«Man darf sich in seiner kommerziellen Kommunikation nicht besser darstellen, als man tatsächlich ist»

Autor: Hendrik Fischer: zVg (publiziert in «Persönlich», Heft 05/2023)

Im Sommer 2022 wurde eine parlamentarische Initiative im eidgenössischen Parlament diskutiert, die den aktuellen Inhalt des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) mit spezifischen Kriterien versehen wollte. Die Initiantin Isabelle Pasquier-Eichenberger (Grüne) war der Meinung, Kundinnen und Kunden seien nicht ausreichend vor Greenwashing geschützt. Sowohl die Rechtskommission des Nationalrates als auch das Nationalratsplenum selbst haben sich für eine Ablehnung ausgesprochen. Dabei war die Begründung unisono: Der Täuschungsschutz ist bereits heute ausreichend rechtlich gesichert. Auch KS/CS Kommunikation Schweiz ist dieser Meinung.

Die aktuelle Gesetzeslage

Neben dem Landwirtschafts- und dem Lebensmittelgesetz, die bereits Bestimmungen zum Schutz vor Täuschungen enthalten, verbietet auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb unrichtige oder irreführende Aussagen über eigene Produkte oder Angebote. Reto Inglin, Rechtsanwalt und Sekretär der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK), betont, dass auch alle Aussagen mit Umweltbezug wahr und klar sein müssen. Unternehmen dürfen sich in ihrer kommerziellen Kommunikation also nicht besser darstellen, als sie tatsächlich sind. «Und das natürlich auch nicht in Fragen mit Umweltbezug», so Inglin. Das heisst: Greenwashing ist schon nach heutiger Rechtslage verboten.

Zusätzlich hat die Internationale Handels- kammer (ICC) ihren Kodex zur Werbe- und Marketingkommunikation ausgeweitet und in einem eigenen Kapitel Regeln zu Werbung und Marketing mit Umweltbezug aufgestellt. Demnach dürfen beispielsweise umweltbezogene Aussagen nur getätigt werden, wenn diese auf zuverlässigen wissenschaftlichen Nachweisen beruhen (Artikel D2 des ICC- Kodex). Da die SLK ihre Arbeit auch auf den ICC-Kodex stützt, werden spezifische Vorschriften wie diese auch in der Schweiz berücksichtigt.

Greenwashing – kein neues Phänomen

Beschwerden zum Thema Greenwashing, also zur übervorteilhaften Darstellung durch unrichtige oder irreführende Aussagen oder Angaben, haben laut Reto Inglin in den letzten Jahren eindeutig zugenommen: «Personen haben die Möglichkeit vermehrt genutzt, eine Beschwerde bei der SLK einzureichen, wenn sie der Überzeugung sind, dass ein Unternehmen oder eine Organisation unrichtige oder irreführende Aussagen macht. Dabei prüft die SLK alle vorgelegten Beweise, ob diese den Grundsätzen der Lauterkeit entsprechen.» Auf die Frage nach der Wirksamkeit der derzeitigen Gesetze und Richtlinien antwortet Inglin, dass er sie für ausreichend hält: «Der Begriff Greenwashing ist heute zwar viel bekannter, das Thema ist im Werberecht aber nichts Neues. Schon vor zwanzig Jahren beurteilten wir Fälle zur Frage, was beispielsweise umweltfreundlich ist.»

Die Schwierigkeit liegt im Detail

Im letztjährigen Vorstoss kritisierte die Rechtskommission insbesondere, dass das vorgeschlagene Verbot «wenig praxistauglich» sei. Die genaue Prüfung der Frage, ob ein Produkt als klimaneutral oder umweltfreundlich angepriesen werden darf, sei mit grossem administrativem Aufwand verbunden. Das bestätigt auch der Sekretär der Lauterkeitskommission: «Sobald es um komplexe naturwissenschaftliche oder technische Fragen geht, ist die Beurteilung von Wahrheit und Klarheit oft schwierig.»

«Genau aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass Beschwerdeführende ihre Beschwerde genau begründen», präzisiert Inglin. Mit pauschalen Aussagen wie «Firma X betreibt Greenwashing» könne keine ausreichende Prüfung vorgenommen werden. Deshalb betont Inglin zwei wichtige Forderungen an Beschwerdeführerinnen und -führer: Einerseits muss konkret mitgeteilt werden, welche Aussagen mit Umweltbezug ihres Erachtens nicht korrekt sind; andererseits muss ausgeführt werden, wieso die Aussagen ihres Erachtens nicht korrekt sind. Ohne diese Ausführungen ist es für das werbende Unternehmen unklar, zu welchen Vorwürfen es überhaupt Stellung nehmen muss. Wird also eine Beschwerde umfassend erklärt, steigen auch die Erfolgschancen, dass auf diese eingegangen wird.

Bestehende Regulierungen ausschöpfen und Zusammenarbeit mit der Wirtschaft suchen

Auch wenn Beschwerden zu Greenwashing inhaltlich komplex, umfangreich und zeitintensiv sind, so bieten sie jeder Person die Möglichkeit, Verstösse zu beanstanden. Die Schwierigkeit liegt dabei nicht in den Kontrollinstrumenten, sondern in der Thematik selbst. Weitere von der Politik verlangte Regulierungsmassnahmen können das Problem der Komplexität der Nachhaltigkeit ebenfalls nicht lösen. Jürg Bachmann, Präsident von KS/CS Kommunikation Schweiz, präzisiert, dass auch bei Greenwashing zuerst alle vorhandenen gesetzlichen Grundlagen und Mittel ausgeschöpft werden sollen, bevor an neue Werberestriktionen gedacht wird.

Schweizer Unternehmen haben in den letzten Jahren grosse Fortschritte bei der Förderung von Nachhaltigkeit und Umweltschutz gemacht und verbessern sich ständig. Denn Nachhaltigkeit wird von der Kundschaft nachgefragt und von Unternehmen als Chance gesehen. Verbesserungen werden so auch ohne zusätzlichen politischen Regulierungsdruck vorangetrieben. Reto Inglin betont beispielsweise, dass aktuell in der Lauterkeitskommission diskutiert wird, ob es Präzisierungen in den Grundsätzen braucht, um Beschwerden gegen Werbung mit Umweltbezug klarer und einfacher zu prüfen. Diese Herangehensweise stellt sich indes als zielorientierter dar, da die Expertinnen und Experten der Lauterkeitskommission die effizientesten Lösungsansätze bieten können.

KS/CS Kommunikation Schweiz unterstreicht immer wieder, auch bei Greenwashing, dass jegliche Einschränkungen von Werbung zweck- und verhältnismässig sein müssen. Gerade in Themenbereichen wie Nachhaltigkeit, welche enorm komplex sind, wird zu schnell zu politischen Regulierungshebeln gegriffen, ohne dass eine von wirtschaftlicher und rechtlicher Seite angemessene Überprüfung stattgefunden hat. Wenn Regulierungen ihre Ziele verfehlen, schaden sie nicht nur der Werbebranche, sondern der Meinungsäusserungsfreiheit allgemein.


Politik-News: Eindeutiger Entscheid beim Werben mit Klimaneutralität

AKTUELL


Schweizerische Lauterkeitskommission heisst Beschwerden gegen FIFA gut

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Aus fünf europäischen Ländern wurden Beschwerden bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK) gegen die Kommunikation der FIFA zur Klimaneutralität der Fussball-WM 2022 in Katar eingereicht. Im aufwändigen Verfahren setzte sich die SLK mit der Frage auseinander, welche Anforderungen für das Werben mit der Klimaneutralität erfüllt sein müssen. Diese Anforderungen habe die FIFA nicht erfüllt, so das Urteil. Der Entscheid verdeutlicht, wie zielführend die Arbeit der SLK in der Sicherstellung der Richtigkeit von Umweltbehauptungen ist. Zum Artikel.

News aus Bundesbern


Sommersession: In Bern (noch) nichts neues

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Die Sommersession neigt sich ihrem Ende zu. Beide werberelevanten Vorstösse (Motion 21.4161 und Postulat 21.3826) wurden bisher nicht behandelt, wir verfolgen aber die Debatten im Nationalratssaal weiterhin aufmerksam. Falls die Parlamentarierinnen und Parlamentarier eine Entscheidung bis zum Ende der Session fällen und wie die Abstimmung ausgeht, erfahren Sie direkt via Twitter @ks_cs_ch. Zum Sessionsprogramm.

News aus der Branchenwelt


49 neue Kommunikationsfachleute für die Werbebranche

Für 65% der insgesamt 75 Kandidierenden aus der Deutsch- und Westschweiz war die eidgenössische Prüfung zur Kommunikationsfachperson, die von KS/CS jährlich durchgeführt wird, 2023 erfolgreich. Die einzigartige Ausbildung in den Bereichen Kommunikation, Media sowie Realisation/Produktion wird in der Werbebranche sehr geschätzt. Zur Medienmitteilung.

Studie - Herausforderungen und Umfang der PR

Catia Luperto und Romain Pittet haben im Rahmen einer umfassenden Studie eine Umfrage gestartet, um eine Bestandsaufnahme des Berufsbildes und der Funktionen der Public Relations in der Schweiz zu erstellen. Der 10-minütige Fragebogen soll helfen, den Umfang und die Herausforderungen der PR-Branche besser zu verstehen. Wir empfehlen die Teilnahme wärmstens und sind bereits auf die Resultate des Projekts gespannt. Zur Umfrage.

 

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