«In den kommenden Jahren werden wir dank künstlicher Intelligenz eine radikale Veränderung erleben.»

 

Interview: Hendrik Fischer Bild: zVg (publiziert in «Persönlich», Heft 01_02/2023)

Zbynek Zapletal, der Begriff der künstlichen Intelligenz wird unterschiedlich verstanden und viele Menschen haben nur eine vage Vorstellung von deren Bedeutung. Wie definieren Sie KI persönlich?

Ich definiere künstliche Intelligenz als Fähigkeit von Computersystemen, menschenähnliche Aufgaben auszuführen. Sie lernen, lösen Probleme, fällen Entscheide und interagieren mit ihrer Umgebung. Ich bin ein Techno-Optimist und begeisterter Befürworter von KI. Ich sehe die Automatisierung von wiederkehrenden Aufgaben als eine Möglichkeit, Zeit und Ressourcen zu sparen und setze mich dafür ein, diese im Unternehmen so weit wie möglich einzusetzen.

Wie und in welchen Bereichen unterstützen Sie Ihre Kundinnen und Kunden mit KI-Anwendungen?

Als Online-Marketing-Agentur setzen wir uns dafür ein, unserer Kundschaft innovative Lösungen im Bereich der künstlichen Intelligenz anzubieten, die ihr helfen, die Effektivität ihrer Online-Marketing-Kampagnen zu maximieren und ihre Produktivität zu steigern. Dazu haben wir eigene, auf KI-basierende Algorithmen entwickelt, die die Performance von Kampagnen verbessern. Unser Leistungsportfolio umfasst eine Vielzahl von Dienstleistungen, die darauf abzielen, unseren Kundinnen und Kunden beim Verstehen ihres Publikums und der Anpassung ihrer Kampagnen an ihre Bedürfnisse zu unterstützen.

Die Erwartungen an KI sind in vielen Branchen hoch. Catherine Purgly, Geschäftsführerin von Leading Swiss Agencies (LSA), sieht auf die Frage nach dem Thema «grosse Effizienzpotenziale im Agenturgeschäft». Auch Jean-Marc Grand, Geschäftsführer der Schweizerischen Gesellschaft für Marketing (gmf), erwartet «grosse Fortschritte im Bereich der KI». Wie kann die Werbe- und Marketingbranche von KI profitieren?

Die Werbe- und Marketingbranche kann von KI profitieren, indem sie diese Technologie einsetzt, um personalisierte Werbung zu schalten, Zielgruppen zu analysieren und zu optimieren sowie automatisierte Kampagnen zu erstellen. Das grösste Potenzial liegt in der Verwendung von KI für die Analyse und Optimierung von Daten sowie zur Automatisierung von Werbekampagnen.

Einige Expertinnen und Experten glauben, dass KI den denkenden Menschen bald in fast allen Bereichen übertreffen wird. Ist so etwas technisch möglich?

Es ist möglich, dass KI in bestimmten Bereichen die Leistung von Menschen übertreffen wird, insbesondere bei der Analyse von grossen Datenmengen und der Automatisierung von Prozessen. Dies kann dazu beitragen, bestimmte Prozesse zu beschleunigen oder zu vereinfachen, aber ich glaube nicht, dass KI in der Lage sein wird, die Kreativität und das künstlerische Talent von Menschen zu ersetzen.

Allerdings sollten wir uns bemühen, die Fähigkeiten von Menschen mit KI zu ergänzen, anstatt sie zu ersetzen. Während KI uns helfen kann, unsere Arbeit effizienter und produktiver zu gestalten, gibt es Bereiche, in denen menschliche Kreativität, Empathie und Intuition in der Vermittlung von Emotionen unerlässlich bleiben.

Werbung vermittelt Informationen an Konsumentinnen und Konsumenten. Wo sehen Sie Herausforderungen und Gefahren beim Einsatz von KI in der Informationsvermittlung?

Es ist wichtig, dass Unternehmen und Marketingexpertinnen und -experten die Risiken und Herausforderungen bei der Verwendung von KI in der Informationsvermittlung erkennen und Massnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher geschützt bleiben und die Werbewirksamkeit erhalten bleibt. Dies kann durch die Einhaltung von Datenschutzbestimmungen und Transparenz bei der Verwendung von persönlichen Daten erreicht werden. Ebenso ist es wichtig, dass Unternehmen und Marketingexpertinnen und -experten sicherstellen, dass die KI-basierte Werbung und Personalisierung ethisch und moralisch korrekt und nicht manipulativ oder irreführend ist. Ich empfehle, jede Aufgabe, die von künstlicher Intelligenz generiert wird, von einem Menschen überprüfen zu lassen, um diese Schwächen zu minimieren.

Was braucht es, damit eine KI so gut Werbung produzieren und platzieren kann wie Menschen?

Damit KI in der Lage ist, Werbung auf einem ähnlichen Niveau wie Menschen zu produzieren und zu platzieren, braucht es eine hohe Menge an qualitativ hochwertigen Daten, um das Modell zu trainieren und zu verbessern. Es braucht auch fortschrittliche Technologien und Tools, die es der KI ermöglichen, kreative Entscheidungen zu treffen und die Werbekampagne an die Zielgruppe anzupassen. Aufgrund der erwähnten Grenzen bei der Kreativität setzen wir bei Gamned! sowohl auf KI, als auch auf die Expertise unserer Media Trader.

Werbung vermittelt Emotionen. Ist es für eine KI möglich, diese im selben Stil zu vermitteln?

Obwohl künstliche Intelligenzen in der Lage sind, der menschlichen Kreativität teilweise sehr nahe zu kommen, gibt es immer noch Grenzen in Bezug auf die Feinheiten und Nuancen, die nur menschliche Designerinnen und Designer verstehen und einsetzen können. In Bezug auf die Vermittlung von Emotionen in der Werbung, kann KI durch die Analyse von Daten und Mustern bestimmte emotionale Reaktionen auf bestimmte Arten von Werbung vorhersehen und die Werbekampagne entsprechend anpassen. Allerdings kann es für KI schwierig sein, die Feinheiten und Nuancen von Emotionen auf die gleiche Weise wie ein Mensch einzusetzen. Wir befinden uns aber am Anfang dieser Entwicklungen und es ist nicht auszuschliessen, dass KI der menschlichen Kreation immer näherkommen wird.

Wo liegen die grössten Herausforderungen bei der Implementierung von KI in der Werbewirtschaft?

In letzter Zeit haben wir einen starken Anstieg an Anwendungen von künstlicher Intelligenz beobachtet. KI bearbeitet Bild- und Tonmaterial, programmiert, komponiert Musik oder führt juristische Dienstleistungen aus, um nur wenige Bereiche zu nennen. Bei vielen kann man kaum ahnen, dass sie vollständig von KI erledigt werden können. Wir haben aber noch keinen Aggregator beobachtet, der in der Lage wäre, alle diese Anwendungen zu verbinden und sie in der Werbung zu nutzen. Man kann sich vorstellen, dass in Zukunft Bilder und Texte generiert, Platzierungen gekauft und Zielgruppen ausgewählt werden können, alles mithilfe von KI auf einer einzigen Plattform. Es ist spannend zu sehen, wie sich die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz in Zukunft weiterentwickeln werden.

Möchten Sie noch eigene abschliessende Gedanken hinzufügen?

In den kommenden Jahren werden wir eine radikale Veränderung erleben. Viele Menschen werden gezwungen sein, entweder die Welle der künstlichen Intelligenz zu nutzen oder sich umzuschulen. Multidisziplinarität wird in Zukunft wichtiger als zuvor. Wir müssen uns darauf einstellen, dass KI die meisten unserer Aufgaben erledigen kann. Um erfolgreich zu sein, sollten wir lernen, die Technologie bestmöglich zu beherrschen, innovativ zu kombinieren und deren Ergebnisse richtig zu interpretieren.

Zur Person Zbynek Zapletal

Zbynek Zapletal ist Director Programmatic & Tech Development DACH & CZ und ein erfahrener Experte in den Bereichen Programmatic Advertising, Social Media Marketing und SEA mit über 10 Jahren Erfahrung im Online Marketing bei führenden Agenturen und Unternehmen in der Schweiz. Im Jahr 2018 schloss er sich dem Gamned! Team an und leitet seitdem mehrere Teams, darunter das Programmatic Trading Team, das Data Analytics Team, das Social Media Team, das PPC Team und das Account Management Team. Er ist verantwortlich für die technologische Entwicklung in den DACH und osteuropäischen Regionen. Er hat einen Master-Abschluss in Internationalem Handel und hat auch eine Diplomarbeit über Online-Marketing-Kommunikation verfasst. Zudem hat Zbynek einen Schwerpunkt auf die Anwendung von künstlicher Intelligenz (KI) im Online Marketing gelegt, insbesondere im Einsatz von KI zur Steuerung von Programmatic Kampagnen und Optimierung von Zielgruppen und Leistungen.


Politik-News: Für ein vielfältiges, positives Werbeverständnis!

AKTUELL


Waadtländer Volksinitiative fordert Steuer auf Werbeausgaben

Quelle: Medienmitteilung der Waadtländer Staatsratssitzung vom 18. Januar 2023
Foto: Medienmitteilung der Waadtländer Staatsratssitzung vom 18. Januar 2023

Die Regierung des Kantons Waadt hat die kantonale Volksinitiative "Für eine progressive Steuer auf anstössige Werbeausgaben" für gültig erklärt. Die Initiative verlangt, dass Werbeausgaben einer jährlichen, progressiven Steuer unterworfen werden. Folglich würden beispielsweise jährliche Werbeausgaben von mehr als 1 Mio. Franken mit einem Steuersatz von 100% belegt. Ein solch tiefgreifender Einschnitt in die Wirtschafts- und Werbefreiheit ist inakzeptabel. KS/CS wird sich dezidiert gegen eine Umsetzung einsetzten. Zum Artikel.

News aus Bundesbern


Absatzförderung: Bund soll Fleischwerbung nicht mehr unterstützen

Foto: unsplash.com

Eine von Greenpeace eingereichte Petition fordert, dass Werbung für Fleischprodukte nicht mehr mit öffentlichen Geldern finanziell unterstützt werden soll. In der Argumentation geht der eigentliche Sinn dieser Absatzförderung aber unter: Diese zeigt primär den Mehrwert der inländischen Produkte bezüglich Qualität, Nachhaltigkeit und Tierwohl auf. Aktuell sind mehrere Vorstösse im Parlament hängig, welche Werbeeinschränkungen im Bereich Ernährung und Lebensmittel einführen möchten. Beispielsweise will ein Postulat Werbung einschränken, welche der Ernährungsstrategie der Schweiz widerspricht. Zum Artikel.

News aus der Branchenwelt


ZAW-Präsident: "Gesetzliche Werbeverbote haben noch kein Kind schlanker gemacht."

Werbeeinschränkungen für fett-, zucker- und salzhaltige Lebensmittel sind nicht nur in der Schweiz ein politisches Thema, sonder auch in Deutschland. Im Interview mit Andreas Schubert, dem Präsidenten des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft, wird ein genauer Blick auf das Thema geworfen. Zum Artikel.

EU-Abgeordnete stimmen für strengere Regeln für politische Werbung

Das EU-Parlament spricht sich für eine Verschärfung der Bestimmungen für politische Werbung aus. Somit dürfen nur noch personenbezogene Daten, welche für politische Onlinewerbung zur Verfügung gestellt wurden, von Werbeanbietern genutzt werden. Diese und weitere Einschränkungen verfolgen das Ziel, grössere Transparenz zu schaffen und ausländische Einmischung zu verhindern. Zum Artikel.

 

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«Der Schweizer Werbemarkt muss angesichts des drohenden Strukturwandels gestärkt und nicht mit Werbeverboten weiter eingeschränkt werden»

Autor: Hendrik Fischer (publiziert in «Persönlich», Heft 12/2022)

Internationale Plattformen nehmen bereits mehr Werbegelder ein als klassische Schweizer Medien- und Werbekanäle. Zu diesem Schluss kommt die neue Studie des BAK economics-Instituts in Basel, die KS/CS in Auftrag gab. Was bedeutet das für die einheimische Volkswirtschaft?

Jürg Bachmann: Der Werbemarkt unterliegt einem massiven Strukturwandel. Das wissen wir schon seit einiger Zeit. Wie dramatisch dieser bereits ist, zeigt die erwähnte BAK-Studie. Es ist immerhin bemerkenswert, dass bereits jetzt die Hälfte des Werbegeldes auf internationalen Plattformen ausgegeben wird. Die Sogwirkung scheint anzuhalten. Diese Umlagerung von Werbegeldern hat natürlich direkte Auswirkungen auf das einheimische, gut funktionierende Geschäftsmodell der Werbebranche und ihrer Partnerinnen und Partner.

Wie gehen wir damit um?

Nun, Veränderungen hat es schon immer gegeben. Wir leben in einer Marktwirtschaft, die sich dauernd wandelt. Neue Angebote kommen auf den Markt und bisherige verlieren an Aufmerksamkeit und werden irgendwann nicht mehr nachgefragt. Das ist nichts Neues, darauf ist unsere Volkswirtschaft trainiert. Bloss, wie reagieren wir auf diese Entwicklung? Beklagen wir sie und lassen sogar Massnahmen zu, die sie beschleunigen? Oder entwickeln wir Ideen und Rezepte, die den einheimischen Werbemarkt attraktiv zu halten und damit den Abgang von Werbegeldern zu internationalen Plattformen weniger attraktiv machen und den Trend verzögert? Das ist bei KS/CS eine der zentralen Fragen, mit der wir uns täglich beschäftigen. Als Dachverband der Schweizer Werbung suchen wir mit anderen Partnerinnen und Partnern zusammen Wege und Instrumente, um so viel Werbegeld wie möglich in der Schweiz wertschöpfend investieren zu können. Für die Werbeträgerinnen und -träger, die Agenturen, die Vermittlerinnen und Vermittler und natürlich für alle Arbeitsplätze, die an der Werbebranche hängen.

Was können das für Instrumente sein?

Ich sehe zwei Stossrichtungen. Die eine betrifft die klassischen Werbeträger in Print, TV, Radio und Aussenwerbung. Der Trend hin zu den sozialen Medien ist nicht aufzuhalten. Wir sind ja selber Nutzniesserinnen und Nutzniesser und verbringen jeden Tag viel, zuweilen zu viel Zeit in diesen Angeboten. Sie erleichtern uns oft das Leben und unterhalten uns. Es gibt daneben aber viele Konsumentinnen und Konsumenten, für die die Nutzung der traditionellen Medien genauso deutlich zum Tagesablauf gehören. Werbung im Umfeld dieser Angebote ist weiterhin attraktiv. Weil sie interessante Zielgruppen erreicht, dank massvollem Streuverlust auch neue Kundinnen und Kunden, und dazu beiträgt, demokratiepolitisch relevante Inhalte und solche von verbindendem Unterhaltungswert zu finanzieren. Das Plakat seinerseits gehört zu den beliebtesten Werbeträgern überhaupt. Es geht nicht darum, klassische gegen Online-Werbung gegeneinander auszuspielen. Aber die klassischen Werbeformen haben ihre Attraktivität, die man sich gerade vor dem Sog hin zu Online-Werbung nicht genug vor Augen halten kann. Was wiederum die einheimische Werbewirtschaft stärkt.

Und die zweite?

Hier geht es darum, dass sich Bürgerinnen und Bürger, die sich in Abstimmungen zu Werbemöglichkeiten äussern können, klar zum Ausdruck bringen, dass Werbung wichtig ist für die Transparenz jeder Volkswirtschaft. Nehmen wir das Beispiel aus der Stadt Genf. Hier kam ein Referendum zustande gegen einen Beschluss des städtischen Parlaments, Werbung im öffentlichen Raum zu verbieten. Abgesehen davon, dass so ein Verbot in Praxis kaum durchsetzbar sein wird und wieder viel Administration auslösen wird, hoffen wir, dass es möglich sein wird, die Bürgerinnen und Bürger vor der Volksabstimmung davon zu überzeugen, dass in einer Welt ohne Werbung viel Information fehlen wird, nicht nur kommerzielle, auch kulturelle und soziale. Eine angeblich werbefreie Stadt ist kein Gewinn, sondern eine informationslose, intransparente.

Welchen Beitrag kann die Politik leisten?

Einen wichtigen und zentralen. Im Parlament werden laufend und zunehmend Vorstösse eingereicht, die die Werbung für bestimmte Produkte und Dienstleistungen ganz oder teilweise verbieten wollen. Das führt einerseits dazu, dass diese Werbung aus der Schweiz verschwindet und auf internationale Plattformen landet. Denn die Werbung erreicht die Konsumentinnen und Konsumenten auf irgendeinem Weg immer. Sie findet ihren Weg schon. Wird sie hier verboten, fliesst sie halt an einem anderen Ort durch. Durch diese Verbote gehen aber wertvolle Schweizer Werbeplätze und damit auch einheimische Wertschöpfung verloren. Ich halte die Kampagnen gegen Aussenwerbung, die in einigen Städten geführt werden, für schlimm und kontraproduktiv, denn sie schaden der einheimischen Werbewirtschaft. Hier hat die Politik eine Verantwortung zu erfüllen.

Hat sie auch die Mittel?

Im eidgenössischen Parlament sitzen zahlreiche Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die unsere Werte teilen und sich dafür einsetzen. Das ist erfreulich und wichtig für uns. Mit ihnen arbeiten wir von KS/CS aus gut und eng zusammen. Sie unterstützen unsere Bestrebungen für eine freie und leistungsfähige Werbung massgeblich. Es ist wichtig, dass die Werbung weiterhin von einer freiheitlichen Werbeordnung profitieren kann, die Innovation und Wertschöpfung zulässt.

Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Ein Blick in die Zukunft?

Gemeinsam müssen wir daran arbeiten, dass Werbung in Politik und Gesellschaft wieder jenen Stellenwert bekommt, der ihr zusteht. Als unerlässliches Instrument für die Transparenz der Wirtschaft im Dienst der Konsumentinnen und Konsumenten. Und ausgestattet mit dem gesetzlichen Schutz der Verfassung.


Für eine starke und verantwortungsvolle Werbefreiheit!

Der Bundesrat übergeht Volk und Parlament
Am 31. August hat der Bundesrat die Revision des Tabakgesetzes in die Vernehmlassung geschickt. Diese wurde nötig, nachdem das Schweizervolk am 13. Februar die sogenannte Tabakinitiative angenommen hatte. Verwundert stellten viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier und auch wir von KS/CS fest, dass der Bundesrat in seinen Vorschlägen eine eigene Agenda zu verfolgen scheint, die weit über die Bestimmungen des Tabakproduktegesetzes und der Initiative hinausgehen. Diese Missachtung des Willens von Parlament und Volk ist völlig inakzeptabel. KS/CS hat dies nicht nur sofort öffentlich kommuniziert, sondern auch zusammen mit zahlreichen interessierten Kreisen eine ablehnende Stellungnahme eingereicht.

Zéro Pub in Genf
Obwohl sie zu den beliebtesten Werbeformen überhaupt gehört, kommt die Aussenwerbung politisch immer mehr unter Druck. Die Opposition gegen Plakate, insbesondere auch elektronische, findet seinen Ursprung meistens in den Gemeinden. In Genf wird am 15. März 2023 über ein komplettes Verbot von Aussenwerbung abgestimmt. KS/CS Westschweiz wehrt sich gegen dieses Gesetz und unterstützt im Abstimmungskampf die Kreise, die das Referendum dagegen ergriffen haben. Leider kam in Genf Nachbarstadt Vernier ein Referendum gegen ein ähnliches Verbot nicht zustande. Auch in Bern und Zürich sollen öffentliche Werbemöglichkeiten eingeschränkt oder verboten werden. Das geht immer zulasten der Informationsfreiheit und Wirtschaftstransparenz im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten und KS/CS wird sich überall gegen solche Initiativen einsetzen.

Datenschutz beschäftigt
Nachdem das totalrevidierte schweizerische Datenschutzgesetz im September 2023 in Kraft gesetzt wird, bekommt die schweizerische Umsetzung des Datenschutzes ebenfalls vermehrt Aufmerksamkeit. Die Regionalgruppe Deutschschweiz von KS/CS hat darum in Zusammenarbeit mit IAB Switzerland zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung ins Zürcher Mascotte eingeladen und damit an eine Verbandstradition angeknüpft. Die gute Beteiligung und die Ausführungen der kompetenten Fachleute haben gezeigt, dass es zum Datenschutzgesetz noch viele offene Fragen gibt, die KS/CS auch in Zukunft beschäftigen werden.

Was muss Werbung und was darf sie?
Mit der Rolle der Werbung beschäftigt sich auch der Dachverband der Selbstregulierungsorganisationen (EASA) in Brüssel. Er hat in Madrid eine Deklaration verabschiedet, die den Anspruch postuliert, Werbung müsse dazu beitragen, aktuelle gesellschaftliche Probleme zu lösen. Diese Haltung ist durchaus diskutabel und beschäftigt uns auch bei KS/CS. Auch KS/CS vertritt die Auffassung, dass die Werbung eine gesellschaftliche Verantwortung mitträgt, geht aber von einem freiheitlicheren Menschenbild aus, bei dem die Verantwortung des Einzelnen so lange als möglich nicht eingeschränkt werden darf und der Staat erst dann regulierend eingreifen darf, wenn das Gemeinwohl in echter Gefahr ist. KS/CS wird sich weiter mit der EASA-Deklaration und den dort enthaltenen Postulaten befassen.

Dossiers
Neben dem Tabakdossier haben wir in letzter Zeit auch ein Dossier zu den Themen «Ernährung/Zucker» sowie «Lotterien/Geldspielgesetz» eröffnet. Anstoss zu solchen Dossiers geben immer parlamentarische Vorstösse, die von KS/CS fundiert behandelt und mit Empfehlungen aus Sicht einer verantwortungsvollen, freiheitlichen Werbeordnung aufgearbeitet werden.

Vorstösse
In den letzten Monaten hat sich KS/CS vor allem zu diesen Vorstössen eingesetzt

  • 20.3113 Motion Christ zur Briefkastenwerbung
  • 22.436 Parlamentarische Initiative Pasquier-Eichenberger zur Werbung von Motorfahrzeugen
  • 21.4498 Postulat Fivaz zur personalisierter Online-Werbung
  • 22.4162 Interpellation Michaud Gigon zum Thema Greenwashing

Ausblick
Werbung ist in der politischen Diskussion zu einem zentralen Thema geworden. Von vielen Seiten drohen regulatorische Einschränkungen und Verbote. Dabei geht oft vergessen, dass es in der Schweiz ein verfassungsmässig garantiertes Recht auf Werbung, das nicht ohne triftige Gründe oder aus einem bestimmten Weltbild heraus eingeschränkt werden darf. KS/CS wird sich auch in Zukunft mit aller Kraft für eine Werbeordnung einsetzen, die es Unternehmen ermöglicht, zu kommunizieren und den Konsumentinnen und Konsumenten eine offene, transparente Information sichert.


Sichert die Werbung im Gesetz ab! Sorry, das ist sie schon.

Text: Jürg Bachmann, Dr. Marc Schwenninger (publiziert in «Persönlich», Heft 10/2022)

Bei KS/CS Kommunikation Schweiz setzen wir uns für die Werbefreiheit ein. Denn Werbung ist wichtig für die Information der Konsumentinnen und Konsumenten und die Transparenz der Volkswirtschaft. Für legal hergestellte und verkaufte Waren und
Dienstleistungen muss ehrliche und verantwortungsvolle Werbung erlaubt sein. Das ist nicht nur ein Grundsatz der freien Marktwirtschaft, sondern auch der ausdrückliche Wunsch des Gesetzgebers. Allerdings kommt dieses verfassungsmässig verbriefte Recht immer mehr unter Druck. Rauchen verbieten? Geht nicht. Also möchten Behörden und Teile der Politik wenigstens die Werbung dafür verbieten. Fleisch essen verbieten? Geht schon gar nicht. Bestimmte Werbung dafür verbieten angeblich schon. Werbung wird stellvertretend für viele gesellschaftliche Probleme an den Pranger gestellt, die sonst nicht gelöst werden können. Ein billiges politisches Mittel, das wenig bringt und viel Schaden anrichtet.

«Die Werbung geniesst den Schutz der Schweizer Bundesverfassung.»

Dabei gibt es ein Recht auf Werbung
Ein wichtiger Grundsatz geht bei politischen Diskussionen um Werbung und Werbefreiheit immer wieder vergessen. Werbung ist keine kalkulierte Erfindung von Handel und Industrie, die dazu dienen soll, Konsumentinnen und Konsumenten zu Ausgaben für Dinge zu verleiten, die sie gar nicht wollen und brauchen. Werbung stützt sich, abgesehen von der zwingenden Notwendigkeit für eine funktionierende Wirtschaft, auf zahlreiche Rechtsnormen, die nicht einfach übergangen oder umgestossen werden dürfen.

«Werbebeschränkungen bedürfen einer klaren gesetzlichen Grundlage und müssen zweckmässig und verhältnismässig sein.»

Es gibt ein Recht auf Werbung – Einschränkungen müssen verhältnismassig sein
Die Werbung geniesst den Schutz der schweizerischen Bundesverfassung. Diese verfassungsmässig garantierte Werbefreiheit leitet sich ab aus der Wirtschafts- und Meinungsäusserungsfreiheit. Werbeeinschränkungen oder sogar -verbote müssen demnach den von der Verfassung vorgegebenen Voraussetzungen an die Einschränkung von Verfassungsrechten genügen: Sie bedürfen einer klaren gesetzlichen Grundlage, und solche Einschränkungen müssen zweckmässig sowie
verhältnismässig sein. Es stellen sich demnach immer die Fragen: Welche öffentlichen Interessen werden mit einem Eingriff in die Werbefreiheit geschützt? Werden mit dem Eingriff die Ziele des Eingriffes tatsächlich erreicht? Ist der
Eingriff verhältnismässig, oder gibt es andere, weniger einschneidende Massnahmen, mit denen die beabsichtigten Ziele erreicht werden können?

Werbung hat schon heute redlich zu sein
Die Werbefreiheit ist heute schon stark eingeschränkt. Es bestehen gesetzliche Vorgaben an die Werbung, die mit drastischen
Sanktionen verbunden sind. So hält beispielsweise das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb fest, dass Verstösse gegen die Bestimmungen über unlautere Werbe- und Verkaufsmethoden mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden können. Zu diesen Bestimmungen gehört beispielsweise die ganz zentrale gesetzliche Vorgabe: Werbung über das eigene Angebot oder auch vergleichende Werbung darf nicht unrichtig oder irreführend sein. Zudem muss das werbetreibende Unternehmen die Richtigkeit seiner Werbeaussagen beweisen können.

Für Werbung gelten klare Regeln, und die Redlichkeit wird überwacht
Darüber hinaus haben die Gerichte oder auch die Schweizerische Lauterkeitskommission ganz generell die Kompetenz, Werbung
daraufhin zu überprüfen, ob sie dem Grundsatz von Treu und Glauben entspricht. Aus dieser zusätzlichen gesetzlichen Vorgabe
haben sich für die Werbung verschiedene weitere Grundsätze der Schweizerischen Lauterkeitskommission ergeben (siehe faire- werbung.ch, Grundsätze der SLK), zum Beispiel:
· Werbung soll als solche erkennbar und von anderen Inhalten (z. B. redaktionelle Kommunikation) klar getrennt sein (Grundsätze B.15 und 15a).

· Werbung darf nicht geschlechterdiskriminierend sein (Grundsatz B.8).

· Die Verwendung von identifizierbaren Angaben zu einer Person (z. B. Name, Abbild, Aussage, Stimme) ist ohne ausdrückliche
Zustimmung unzulässig (Grundsatz B. 7).

· Es ist unzulässig, in der Werbung computertechnisch bearbeitete Abbildungen von Körpern oder Körperformen in täuschender Weise einzusetzen, um damit eine Wirkung oder ein Ergebnis auszuloben, die beziehungsweise das nicht erzielbar ist (Grundsatz B.9).

Jede Person kann Verstösse gegen die Lauterkeit anzeigen
Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch Konkurrentinnen und Konkurrenten können Gesetzesverstösse oder Verstösse gegen diese Grundsätze in einem einfachen Verfahren mittels Beschwerde bei der unabhängigen Beschwerdeinstanz, der Schweizerischen
Lauterkeitskommission, geltend machen. Im Rahmen einer solchen Beschwerde können zudem auch Verstösse gegen den Werbe- und Marketingkodex der Internationalen Handelskammer beanstandet werden (siehe faire-werbung.ch, ICC-Kodex).
In diesem ICC-Kodex finden sich weitere Vorgaben an lautere Werbung, zum Beispiel:
· Werbung soll so gestaltet sein, dass sie weder das Vertrauen des Verbrauchers missbraucht noch mangelnde Erfahrung oder fehlendes Wissen ausnutzt (Art. 4).

· Bei Werbung, die sich an Kinder und Jugendliche richtet, muss besondere Sorgfalt verwandt werden. Dabei sollen positives soziales Verhalten, Lebensstil und entsprechende Einstellung nicht untergraben werden (Art. 18).

· Werbung darf keine Aussagen oder visuellen Darstellungen enthalten, die Verbraucher in irgendeiner Weise irreführen können bezüglich der Umweltaspekte oder Vorzüge von Produkten oder Aktivitäten, die der Werbungtreibende zugunsten der Umwelt unternommen hat (Art. D1).

Bestehende Regulierungen anwenden statt neuer Verbote
Werbung geniesst den Schutz der Verfassung. Einschränkungen dieser Werbefreiheit müssen die verfassungsmässigen Voraussetzungen wie Zweckmässigkeit und Angemessenheit erfüllen. Heute bestehen bereits unzählige Vorgaben, die lautere Werbung zum Inhalt haben. Bevor an neue Werberestriktionen gedacht werden darf, sind zunächst die umfangreichen vorhandenen Grundlagen und Mittel auszuschöpfen, die die Gesetzgebung und die Schweizerische Lauterkeitskommission zur Verfügung stellen. Erst wenn der Nachweis erbracht werden kann, dass diese Mittel offensichtlich ungenügend sind, ist der Gedanke an neue Werbeeinschränkungen opportun.


Medien fördern ist gut – keine Werbeverbote noch besser

Text: Jürg Bachmann Bilder: zVg

Bald Vergangenheit? Blick auf einen Zeitungskiosk.

 

Die Enttäuschung nach dem 13. Februar 2022 war gross. Das Medienpaket, vom Parlament

mit viel Aufwand geschnürt, fiel nach einer wenig differenzierten Gegenkampagne und seltsamen Allianzen beim Volk durch. Es hätte viele Bedürfnisse des Mediensektors erfüllen müssen. Wohl zu viele. Entlastung oder Zuschüsse für Print, Radio, TV und Online ergaben einen überstrapazierten Kompromiss. Das Fuder war überladen und damit kaum mehr kommunizierbar. Versuche, kurz nach dem Volksentscheid wenig bestrittene Teile im Parlament durchzubringen und damit zu retten, scheiterten. Der Ständerat sah darin, recht nachvollziehbar, eine Missachtung des Volkswillens und schickte alle Anträge bachab.

«Zwar sind sich alle einig, dass Medien gefördert werden müssen, aber es gibt keinen Plan.»

Medienförderung wohin?

Nun steht die Schweizer Medienförderung auf Feld eins. Zwar sind sich alle darin einig, dass Information und Medien gefördert und abgesichert werden müssen, aber es gibt keinen Plan. Zudem lassen Bundesrat und das zuständige Bundesamt für Kommunikation (Bakom) verlauten, die Branche müsse nun schon selbst mit Vorschlägen kommen, wenn sie vom Bund konkrete Schritte wolle. Immerhin sind in kurzer Zeit zwei Vorlagen gescheitert. Zuerst das Bundesgesetz für elektronische Medien (BGeM), das schon in der Vernehmlassung durchfiel, und dann das mit viel Aufwand gezimmerte Medienpaket, das die Hürde im Volk nicht schaffte. Ohne den Beteiligten Zeit zu lassen, über die Lage nachzudenken und ein Projekt aufzusetzen, hiess der Nationalrat schon bald nach der verlorenen Abstimmung ein Postulat von Nationalrätin Katja Christ gut, das den Bundesrat auffordert, ein Konzept für die künftige Medienförderung zu entwickeln und vorzuschlagen. Der Ball liegt beim Bundesrat, der ihn eigentlich gar nicht will.

Grossprojekte, wie das Postulat Christ eines zu werden droht, neigen dazu, Jahre zu brauchen, bis sie, meist nach langem Vernehmlassungsverfahren, nur schon kommissionsreif sind. Ganz zu schweigen vom parlamentarischen Prozess zuerst in den Kommissionen, dann in den Räten, der erfahrungsgemäss bei solchen Themen nochmals viel Zeit beansprucht. Gerne wird der Auftrag zunächst filetiert, Unterprojekte werden an Gremien,

Schulen und Forschungsstellen vergeben. Gerade nach dem etwas eilig gezimmerten BGeM soll dieses Mal nichts ausgelassen werden, was später auf wenig durchdachte und allseits abgesicherte Ausführung schliessen liesse. Alle Beteiligten werden sich dieses Mal auf alle Seiten absichern. Derweilen fliesst kein Geld. Probleme und Herausforderungen bleiben ungelöst. Die Welt entwickelt sich weiter. Auch die Medienwelt.

«Der gleiche Staat, der die Medien mit öffentlichem Geld unterstützen will, schränkt Werbung ein.»

Gibt es noch eine andere Sichtweise?

Da die Medienwelt nicht so lange warten kann und will, sind auch andere Ansätze gefragt. Sowieso sollte sich die Diskussion um die Medienförderung nicht nur auf die Umlage von staatlichem und Gebührengeld auf private Medien konzentrieren. Denn diese verfügen zum Glück noch über andere Einnahmequellen. Medien leben entweder von Abonnements- und Werbeeinnahmen oder ganz von Werbeeinnahmen. Bei Onlineangeboten kommen Transaktionseinnahmen dazu. Abonnements und Werbung bilden traditionell die Hauptquellen für die Finanzierung eines Medienangebots. Während die direkte

Mitfinanzierung über Abonnierende und Konsumentinnen und Konsumenten immer anspruchsvoller wird, leidet die Werbebranche darunter, dass sie sich einerseits mit immer mehr Werbeverboten herumschlagen und andererseits zusehen muss, wie Werbeplätze verschwinden, aufgehoben oder einfach verboten werden. Das ist ein gefährlicher Trend. Lesen wir das Monitoring der hängigen politischen Vorstösse, das wir bei KS/CS Kommunikation Schweiz permanent führen, stellen wir eine steigende Flut von Vorstössen fest, die alle darauf abzielen, Werbung zu beschränken oder zu verbieten.

 

Ernährung und personalisierte Werbung

Aktuell sind zwei Postulate auf nationaler Ebene besonders erwähnenswert, die beschränkenden Charakter aufweisen. Zum einen soll Werbung, die nicht der Ernährungsstrategie der Schweiz entspricht, verboten werden (Postulat Meret Schneider, 21.3836). Zwar wisse die Bevölkerung durchaus, was gesunde Ernährung sei, schreibt die Postulantin unter Verweis auf eine Umfrage. Aber sie handle nicht genug danach. Also soll Werbung für solche Nahrungsmittel verboten werden, die als ungesund qualifiziert wird. Werden Konsumentinnen und Konsumenten nicht mehr auf solche aufmerksam gemacht, werden sie sich auch gesünder ernähren. Zum anderen wird gefordert, dass mit einer Gesetzesänderung der Einsatz von personalisierter Werbung verboten oder stark reguliert werden muss (Postulat Fabien Fivaz, 21.4498). In der Begründung steht wörtlich: «Dieses Postulat fordert den Bundesrat auf, die Auswirkungen von gezielter Werbung, die auf Datenbeschaffung beruht, zu untersuchen und in einem Bericht eine Gesetzesänderung vorzuschlagen, um den Einsatz von Werbung zu verbieten oder stark zu regulieren.» Damit sind die Algorithmen, die die Plattformen nutzen und an denen sich der Postulant stört, zwar weder transparent noch verschwinden sie. Aber immerhin ist die Werbung dafür verboten! Neben den nationalen Vorstössen sind aber auch kantonale und kommunale Bestrebungen relevant. In den Städten Bern, Genf und Zürich wurden jeweils Vorstösse eingereicht, die Werbeplätze einschränken oder Werbung als Ganzes aus der Stadt verbannen möchten. Abgesehen davon, dass solche Vorstösse immer darauf hinauslaufen, Bürgerinnen und Bürger zu bevormunden und ihnen die Kompetenz abzusprechen, zu entscheiden, was gut ist für sie und was nicht, führen sie dazu, dass dem Mediensektor immer mehr Geld weggenommen wird. Geld, das kaum in der Schweiz bleibt, sondern auf internationale Plattformen fliesst, die sich an weniger Regeln halten müssen.

 

Werbung ist wichtig für die Information. Sie braucht Platz und Raum!

Die Strategie, die wir in der Schweiz verfolgen, ist widersprüchlich, wenig nachvollziehbar und noch weniger sinnvoll. Parlament und Verwaltung sind sich darin einig, die Medien wegen ihrer staatspolitisch bedeutenden Rolle zu unterstützen. Sie schnüren Pakete und planen Förderprogramme. Aber der gleiche Staat, der die Medien mit öffentlichem Geld unterstützen will, schränkt auf parlamentarischem Weg eine der natürlichen, erprobten und effizienten Finanzierungsquellen, die Werbung, immer mehr ein. Als Dachverband der Schweizer Werbung unterstützt KS/CS Kommunikation Schweiz jede Massnahme, die dazu dient, die Medien der Schweiz zu stärken. Gut informierte Bürgerinnen und Bürger sind Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie und die Beteiligung an den staatlichen Prozessen. Weil die Finanzierung von Information aber immer schwieriger wird, wehrt sich KS/CS dagegen, dass auch das zweite Standbein, die Werbung, eingeschränkt wird. Denn das führt fast zwangsläufig dazu, dass die Medien noch abhängiger werden von direkten oder indirekten staatlichen Zuschüssen. Hier Werbung verbieten und da Geld aus der

Staatskasse einschiessen ist keine sinnvolle Strategie. Werbung ist ein wichtiges Mittel für die Transparenz in Staat und Demokratie. Sie darf nicht mit Verboten missbraucht werden für die angebliche Lösung von scheinbar unlösbaren gesellschaftlichen Problemen. Dazu ist ihre Funktion bei der Mitfinanzierung eines funktionierenden Mediensystems in der Schweiz viel zu wichtig.


«Wir wünschen uns ein Dialog und kein unüberlegter Ruf nach flächendeckenden Verboten»

Autorin: Vera Baldo-Tschan, Bilder: z.V.g.

Christoph Marty ist seit 2016 CEO von Clear Channel. Zuvor war er während drei Jahren CEO der Publicitas und in den verschiedensten Führungsfunktionen für die AZ Medien AG und Tamedia zuständig.

In Genf soll ab 2025 die kommerzielle Werbung auf öffentlichem Grund völlig verboten werden. Das will jedenfalls die Stadtregierung und die Bevölkerung wird darüber abstimmen. Wie erklären Sie sich diese Bewegung?

Christoph Marty: Unsere Wahrnehmung ist, dass dies einzelne Exponentinnen und Exponenten sind, welche besonders stark lobbyieren. Aussenwerbung geniesst grundsätzlich eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung und wird auch für den optimalen Mediamix nach wie vor stark angefragt von Werbetreibenden. Die darunter liegende Tendenz geht in Richtung Verbot von Werbung = Bevormundung der Konsumentin und des Konsumenten. Was dabei vergessen wird: die Kundinnen und Kunden werden nicht aufhören Werbung zu treiben. Heute bekommt die öffentliche Hand rund 50% der 350 Millionen Franken Aussenwerbegeld in Form von Abgaben. Diese fallen weg bei einem Verbot.

Ähnliche Initiativen finden auch in Bern statt. Welche Auswirkungen hätte ein komplettes Werbeverbot in einer Stadt wie Genf oder Bern auf die Werbebranche?

Die Werbewirtschaft wird ihr Budget in diesen Regionen auf andere Kanäle verlagern. Sofern dies nur punktuell der Fall ist, gibt es noch Alternativen. Dabei profitieren aber auch unweigerlich die grossen Internetgiganten, welche ihre Wirtschaftsleistung nicht in der Schweiz erbringen.

Ist ein solches Aussenwerbeverbot überhaupt umsetzbar?

Juristisch auf öffentlichem Grund per Gesetz möglich – Wettbewerbsrechtlich für uns fragwürdig, speziell wenn es auch Flächen auf privatem Grund betrifft.

Sehen Sie selbstregulatorische Massnahmen, um Kritikerinnen und Kritikern der Aussenwerbung entgegenzukommen?

Der Aussenwerbemarkt ist per Gesetz schon sehr stark reguliert, die Bewilligungsverfahren für Standorte sind sehr aufwändig. Massnahmen, die darüber hinausgehen sind zum Beispiel unsere Ethikkommission, welche über Sujets entscheidet, deren Umsetzung wir als nicht geeignet für Plakatwerbung halten. Weiter können Flächen (analog und digital) nur zu spezifischen Zeiten oder mit ausgewählten Plakaten bespielt werden, wenn sie sich zum Beispiel in der Nähe von Schule befinden.

Wo sehen Sie Ihre Verantwortung bei der Kritik, die ein Teil der Gesellschaft an die Aussenwerbung richtet?

Aussenwerbung ist aufgrund ihrer Natur stark exponiert und steht in der Öffentlichkeit. Das dadurch ein Diskurs entsteht, schätzen wir auch, es gehört zu unserem Geschäft dazu. Wir nehmen diesen ernst und kommunizieren als Unternehmen offen und verstecken uns nicht. Damit nehmen wir auch unsere Verantwortung wahr. Was wir uns allerdings mehr wünschen, ist ein Dialog und kein unüberlegter Ruf nach flächendeckenden Verboten.

Plakatwerbung wurde in der Schweiz so stark, weil sie für die kommunalen Wahlen und Abstimmungen in unserem System sehr wichtig war und weiterhin ist. Politikerinnen und Politiker und auch Initiantinnen und Initianten sollten dies bei ihrer Argumentation berücksichtigen. Wenn Plakate nicht mehr gewinnbringend betrieben werden können, wird sich auch niemand mehr finden, der für politische Anliegen Plakatflächen anbieten wird.

Werbung ist wie Wasser und findet immer ihren Weg. Wohin würde die Werbung bei einem Verbot der Aussenwerbung ausweichen und mit welchen Auswirkungen auf die hiesige Wirtschaft?

Werbung folgt immer der Aufmerksamkeit der Konsumentinnen und Konsumenten. Dort, wo die meisten «Eyeballs» sind, wird das Budget eingesetzt. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft sind, wie bereits erwähnt, dass die Werbegelder nicht unbedingt zu Unternehmen mit Wertschöpfung in der Schweiz fliessen.

Immer wieder hört und liest man den Vorwurf, digitale Werbeflächen würden zu viel Strom verbrauchen. Kommen diese Flächen unter Druck?

Oftmals werden bei diesem Vorwurf nicht alle Faktoren miteinbezogen werden, die damit verbunden sind. Die Bilanz verändert sich je nach der Betriebszeit oder wenn analoge Flächen durch Screens ersetzt werden. Es ist richtig, dass wir in der heutigen Zeit ein genaues Auge darauf haben, wie wir mit unserer Energie haushalten. Das machen wir aber ebenfalls und sind kontinuierlich dran, unseren Fussabdruck zu verkleinern. Der Druck entstand erst im Zusammenhang mit einer möglichen Stromknappheit – für den Vergleich analog zu digital ist aber der Verbrauch weniger entscheidend als die Laufzeit einer digitalen Fläche.

Was tut Clear Channel konkret im Bereich Nachhaltigkeit und im Hinblick auf die anstehende Stromknappheit?

Wir nehmen das Thema Corporate Social Responsibility ernst. Seit fünf Jahren erfassen wir sämtliche unsere Aktivitäten nach den Standards der Global Reporting Initiative. Das macht uns international vergleichbar und damit sind wir sehr transparent, was unsere Tätigkeiten anbelangt. Wir rüsten kontinuierlich unsere Stellen um auf Beleuchtung mit LED, verwenden Ökostrom und reduzieren als Unternehmen unseren Papierverbrauch. Ausserdem unterstützen wir ausgewählte Initiativen finanziell, die zum Beispiel die Biodiversität in der Schweiz fördern.

Was sind die Stärken von Aussenwerbung?

Sie ermöglicht einen hohen Reichweitenaufbau innert kurzer Zeit und schafft Bekanntheit und eine hohe Visibilität. Sie kann flächendeckend, aber auch gezielt eingesetzt werden. Mit Digital Out of Home haben wir heute die Möglichkeit innert 20 Minuten eine Werbung live zu schalten und abzustimmen auf Zeit, Ort und Wetterbedingungen. Es kann Bezug auf Ereignisse genommen werden, oder die breite Öffentlichkeit angesprochen werden. Weiter ist Aussenwerbung im TKP-Vergleich günstig und bietet auch schon für kleinere Budgets Werbemöglichkeiten.

Wo sehen die Zukunft der Aussenwerbung?

Sofern uns nicht wieder eine Pandemie dazwischenkommt, sehe ich Aussenwerbung mit einem steigenden Anteil im Mediamix, der vor allem auch auf das Wachstum von Digital Out of Home zurückzuführen ist. Werbeauftraggeber werden noch stärker die Vorteile dieses Mediums nutzen und in Kombination mit klassischen Plakaten auf diese Werbegattung setzen. Daneben werden Ausschreibungen weiterhin kompetitiv bleiben und das politische Umfeld wird herausfordernder. Es wird uns definitiv nicht langweilig werden und das ist gut so.


Verantwortung fördern statt Schuld zuweisen

Text: Jürg Bachmann Bilder: KS/CS Kommunikation Schweiz

Im eidgenössischen Parlament sind Vorstösse hängig, die bestimmte gesundheitspolitische Ziele auch mit Werbeverboten oder -einschränkungen erreichen wollen. Zum Beispiel will Nationalrätin Laurence Fehlmann Rielle (SP) mit der Interpellation 21.4077 den Konsum von zuckerhaltigen Lebensmitteln durch Kinder reduzieren. Um diese Kinder zu schützen, soll Werbung für diese Produkte verboten werden. Oder Nationalrätin Meter Schneider (Grüne) verlangt mit dem Postulat 21.3836, dass auf Werbung für Aktionen und Produkte verzichtet wird, die nicht der Ernährungsstrategie der Schweiz entsprechen, damit die Schweizer Bevölkerung keine solche Produkte konsumiere. Auch die Massentierhaltungsinitiative, über die wir demnächst abstimmen werden, wird bei einer Annahme Auswirkungen auf Werberegulierungen haben können. Die Liste lässt sich verlängern.

Entscheidungsfreiheit soll genommen werden

Immer prägen zwei Aspekten solche Vorstösse.

Der erste: Initiantinnen und Initianten gehen davon aus, dass Menschen auf ein bestimmtes Verhalten verzichten, wenn dafür nicht mehr geworben wird. Wenn ihnen also das Wissen vorenthalten wird, dass es ein bestimmtes Angebot überhaupt gibt. Vorenthalten von Wissen als erzieherische Methode und Mittel der gesellschaftlichen Regulierung.

Die zweite: Initiantinnen und Initianten unterstellen Konsumentinnen und Konsumenten, offenbar nicht in der Lage zu sein, selber zu entscheiden, was ihnen nützt oder schadet, und allenfalls in welchen Mengen. Sie brauchen einen Staat, der ihnen die Entscheidung abnimmt. Denn sähen sie solche Werbung, würden sie wohl etwas essen oder tun, das aus einer bestimmten, gesellschaftlichen Optik schlecht wäre für sie. Allerdings besteht in der Gesellschaft nicht immer Konsens darüber, wie die Ziele dieser gesellschaftlichen Optik erfüllt werden sollen, sei es Volksgesundheit oder KIimaziele, beispielsweise. Vorsorglich soll der Staat also Werbung einschränken oder verbieten. In Genf will ein Reglement der städtischen Legislative, dass Werbung im öffentlichen Raum ganz verboten wird. Denn Werbung verleite zu Konsum, was per se schädlich sei für Mensch und Umwelt. Die städtische Bevölkerung von Genf wird das letzte Wort haben und kann voraussichtlich im November darüber abstimmen.

Verantwortung statt Bevormundung

Bei KS/CS Kommunikation Schweiz teilen wir die Bestrebungen um Gesundheit, Klima und Nachhaltigkeit, keine Frage. Aber wir pflegen ein anderes Menschenbild; eines von Menschen, die grossmehrheitlich sehr wohl in der Lage sind, für sich selber zu entscheiden, was ihnen nützt und was schadet. Eines von Menschen, denen man Produkte- und Dienstleistungsinformationen sehr wohl zumuten kann. Dieses Menschenbild ist auch in unserer Verfassung niedergeschrieben (Art. 6 BV). Wir sehen die politischen und gesellschaftlichen Gestaltungsoptionen nicht in Werbeverboten. Und wir wollen nicht ideologische, sondern faktenbasierte Diskussionen führen. Wie gerade eine in Österreich läuft.

Eltern erklären, was ihren Kindern wirklich schadet

Dort hat der Österreichische Werberat untersucht, wie sich das Ernährungsverhalten von Kindern während Corona verändert hat und welches die Ursachen von Übergewicht bei Kindern sind. Der Auftraggeber, der Österreichische Werberat, fördert «mittels freiwilliger Selbstbeschränkung der Österreichischen Werbewirtschaft das verantwortungsbewusste Handeln der Werbewirtschaft und ihr Ansehen in der Werbung». Sein Pendant in der Schweiz ist die Stiftung für die Lauterkeit in der kommerziellen Kommunikation bzw. die Schweizerische Lauterkeitskommission, die von Nationalrat Philipp Kutter (Die Mitte) geleitet wird, und die eng mit KS/CS Kommunikation Schweiz verbunden ist.

Durchgeführt wurde die Elternbefragung in der zweiten Jahreshälfte 2021 bei 1'000 Personen. Nachzulesen ist sie auf der Webseite des österreichischen Werberats.  

Eltern haben in der Studie festgestellt, dass während Corona, das natürlich auch den Alltag ihrer Kinder beeinflusst hat, vor allem passive, sitzende Aktivitäten rund um Internet und Social Media sowie Videospiele zugenommen haben; gesunken sind Bewegung und sportliche Aktivitäten. Da es fast nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich war, das eigene Haus zu verlassen, hat Übergewicht bei Kindern zugenommen. Was waren Ursachen? Ausschlaggebend für das Verhalten ihrer Kinder sei ihre Vorbildfunktion und ihr eigenes Verhalten, gaben die Eltern zu Protokoll. Wenn sie ihre Kinder gesünder ernähren wollten, brauchten sie mehr Informationen zu den konsumierten Lebensmitteln. Da sei Werbung eine geschätzte Informationsquelle gewesen. Die Bedeutung von Informationen über Produkteneuheiten und Innovationen im Lebensmittelbereich mittels Werbung haben die befragten Eltern als sehr hoch eingestuft. «Nicht die werbliche Kommunikation an sich ist für die Eltern bei der Entstehung von Übergewicht relevant. Vielmehr werden eigene Fehlverhalten als Ursache erkannt», lässt sich Werberatspräsident Michael Straberger zitieren. Fast 80% der befragten Eltern haben zudem angegeben, dass sie mit ihren Kindern Gespräche über Wirkung, Zweck und Ziele der Werbung führen.

Wer Werbung verhindert, schadet der Volkswirtschaft

Diese Studie ist ein wertvoller Puzzlestein in einer gesellschaftlich wichtigen Diskussion. Auch KS/CS Kommunikation Schweiz will Gesundheit und Nachhaltigkeit fördern. Und sehr viele Werberinnen und Werber teilen diese Ziele und richten ihre Werbung danach aus. 

Aus diesem Grund setzen wir uns für freie, verantwortliche Werbung ein. Auch angesichts ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung: Denn Plakatwerbung im öffentlichen Raum dient nicht nur der wertvollen Vermittlung von Informationen, sondern entlastet auch die kommunale Kasse und damit jeden einzelnen Steuerzahlenden. Und die Medien haben im Rahmen der Wirtschaftsfreiheit ein Recht darauf, sich über Werbung zu finanzieren. Alle Einschränkungen unterbinden nicht nur die freie Kommunikation, sondern schaden auch dem Werbeplatz Schweiz, seiner Kreativität, seinen Arbeitsplätzen und seiner wichtigen Wertschöpfung.

Jürg Bachmann, ist Präsident von KS/CS Kommunikation Schweiz, dem Dachverband der Schweizer Werbung. Am 12. Mai 2022 leitete er die Mitgliederversammlung des Verbandes, an der, nach den statutarischen Geschäften auch der Präsident der Parlamentarischen Gruppe «Markt und Werbung», Nationalrat Gregor Rutz die Arbeit in Kommissionen und Parlament darlegte und SWA-Direktor Roland Ehrler traditionsgemäss die neue Werbestatistik präsentierte.