Interview: Vera Baldo-Tschan Bilder: zVg (publiziert in «Persönlich», Oktober 2023)

 

Gregor Rutz, SVP, Nationalrat (ZH)

Wieso braucht die Wirtschaft Werbung?
Die Werbefreiheit gehört zu den Kommunikationsgrundrechten. Nur mit Werbung kann ein Markt funktionieren. Die Werbefreiheit ist in der Marktwirtschaft dasselbe wie die Meinungsfreiheit in der Demokratie. Werbung vermittelt Informationen, aufgrund derer die mündigen Konsumenten ihren Kaufentscheid fällen können. Werbung belebt den Wettbewerb – und das kommt letztlich allen Konsumenten zugute.

Wieso sind Werbeverbote schädlich?
Werbeverbote bedeuten immer Bevormundung. Werden Werbeverbote erlassen, heisst dies letztlich immer: Der Konsument wird nicht ganz ernst genommen, man traut ihm einen Entscheid nicht zu. Das ist für mich ein Widerspruch. Die Demokratie basiert auf der Annahme, dass alle Bürger erwachsen sind und mitentscheiden können. Warum nun jemand nicht in der Lage sein soll, über den Kauf einer Flasche Cognac zu entscheiden, während er gleichzeitig an Volksabstimmungen über komplizierte Steuerreformen teilnimmt, habe ich noch nie verstanden. Trauen wir den Konsumenten etwas zu – Politiker und Beamte sind nicht gescheiter als andere Leute!

Welchen politischen Erfolg in der letzten Legislatur war für Sie am bedeutendsten?
Die letzte Legislatur war die teuerste Legislatur seit Bestehen der Eidgenossenschaft. Wir haben heute drei Mal so viel parlamentarische Vorstösse wie vor 30 Jahren – obwohl es immer noch 246 National- und Ständeräte sind. Etliche dieser Vorstösse forderten Werbeverbote: Werbung für Flugreisen sollte verboten werden, Fleischwerbung wollte man einschränken und auf Autowerbung sollten Warnhinweise angebracht werden. All diese Vorstösse konnten wir erfolgreich bekämpfen. Das freute mich – hier konnten wir uns erfolgreich für die Freiheit und den gesunden Menschenverstand einsetzen!


Johanna Gapany, FDP, Ständerätin (FR)

Warum braucht die Wirtschaft Werbung?
Die Werbung ist in einem wettbewerbsorientierten Markt von grundlegender Bedeutung, um die Bevölkerung wissen zu lassen, dass es ein Unternehmen oder ein Produkt gibt. So garantiert sie der Bevölkerung die freie Wahl. Ausserdem trägt sie durch die Förderung des Wettbewerbs dazu bei, den Innovationsgeist und den Fortschritt zu wecken.

Warum sind Werbeverbote schädlich?
Zunächst einmal stehen sie nicht im Einklang mit unserer Verfassung, da Artikel 94 der Verfassung die wirtschaftlichen Aktivitäten von Unternehmen schützt, und dazu gehört auch die Werbung. Meiner Meinung nach haben wir die Wahl: Wir akzeptieren, dass ein Produkt in unserem Land verkauft wird, und die Werbung für dieses Produkt ist Teil der Geschäftstätigkeit, oder wir verbieten es. Ein Produkt zuzulassen und die Werbung dafür zu verbieten, ist jedoch unsinnig. Werbung kann jedoch Mittel zur Prävention enthalten und sich an einen bestimmten Teil der Bevölkerung richten.

Welche Bedeutung hat die Werbung für Ihre eigene politische Kampagne in diesem Herbst?
Werbung ist ein Mittel, um der Bevölkerung meine Bilanz und mein Programm auf transparente Weise zu vermitteln. Meiner Meinung nach ist sie einer der Garantien für das gute Funktionieren unserer Demokratie. Über diesen Kanal können Informationen vermittelt werden, die der Bevölkerung alle Mittel an die Hand geben, um ihre Vertreter in Bern zu wählen.


Philipp Matthias Bregy, Die Mitte, Nationalrat und Fraktionspräsident (VS)

Wieso braucht die Wirtschaft Werbung?
Die einen, um über sich und ihre Produkte zu reden, die anderen, um über die anderen und ihre Produkte zu erzählen. Beide schaffen damit Wertschöpfung und Wertschöpfung generiert Wohlstand. Und Wohlstand ist gar nicht mal so schlecht.

Wieso sind Werbeverbote schädlich?
Warum ein Werbeverbot schädlich ist? Ganz einfach, weil es eigentlich ein Kommunikationsverbot ist. Wer Werbung verbieten will, zweifelt an der Mündigkeit der Bürgerinnen und Bürger, indem er den Unternehmen verbieten will, zu kommunizieren.

Welche Bedeutung hat Werbung für Ihren eigenen politischen Wahlkampf diesen Herbst?
Werbung ist Kommunikation und Kommunikation ist der Schlüssel zum (Wahl-)Erfolg, so gesehen spielt Werbung in meinem Wahlkampf eine zentrale Rolle. Es schadet nie, in das richtige Licht gestellt zu werden, im Gegenteil, es hilft, ganz nach dem Motto tue Gutes und lasse darüber schreiben.


Esther Friedli, SVP, Ständerätin (SG)

Wieso braucht die Wirtschaft Werbung?
Wir leben in einer freien Marktwirtschaft. Um die Produkte und Dienstleistungen bekannt zu machen, aber auch um Transparenz zu schaffen, ist Werbung ein essenzieller Bestandteil. Dank Werbung und Information können sich die Konsumentinnen und Konsumenten ein umfassendes Bild machen und dann frei entscheiden, was sie konsumieren wollen oder nicht. Bereits heute gibt es klare Regeln, was Werbung darf und was nicht. Ich bin um die Anstrengungen der Branchen wie auch der Verlage und Medien dankbar. Hier ist sich die Wirtschaft ihrer Verantwortung bewusst.

Wieso sind Werbeverbote schädlich?
Ich setze mich gegen staatliche Werbeverbote oder Einschränkungen ein. Dies, weil ich die Bürgerinnen und Bürger als mündige Personen anschaue. Wer Werbung für ein Produkt einschränkt, müsste konsequenterweise eigentlich das Produkt verbieten. Das wäre eine ehrliche Politik. Nur die Werbung zu verbieten, schafft Intransparenz und verhindert, dass sich die Leute umfassend informieren können. Zudem sind Werbeverbote auch massive Markteingriffe, da sie damit eine Umlenkung auf andere Produkte erzielen können.

Welche Herausforderungen stehen für die Werbewirtschaft in der neuen Legislatur an?
Im Parlament sind von links-grüner Seite viele Vorstösse hängig, die die Werbung einschränken möchten. Dies vor allem im Bereich von Alkohol, Fleisch und Zucker. Damit will man die Bürgerinnen und Bürger umerziehen oder umlenken. Wir müssen daher überparteilich gegen diese Werbeverbotsinitiativen ankämpfen. Die Umsetzung der Volksinitiative «Jugend ohne Tabak» geht nach dem Ständerat nun an den Nationalrat. Hier müssen wir uns einsetzen, dass die Umsetzung nicht noch viel weiter geht, als es die Initiative eigentlich vorgesehen hat.


Nicolò Paganini, Die Mitte, Nationalrat (SG)

Wieso braucht die Wirtschaft Werbung?
Werbung ist ja einfach eine besondere Form der Kommunikation. Ohne Werbung kann der Wettbewerb nicht funktionieren. Potenzielle Kundinnen und Kunden müssen über die Werbung auf die Vorzüge von Produkten und Dienstleistungen, auf Produktinnovationen, neue Anbieter etc. aufmerksam gemacht werden dürfen.

Wieso sind Werbeverbote schädlich?
Werbeverbote können einzig in Ausnahmefällen (Kinder- und Jugendschutz) akzeptiert werden. Ansonsten sind sie sowohl für die einzelnen Unternehmen wie auch für die gesamte Volkswirtschaft schädlich. Und natürlich bietet die Werbe- und Kommunikationsbranche auch sehr viele qualifizierte Jobprofile an. Diese werden durch Werbeverbote gefährdet.

Welche Herausforderungen stehen für die Werbewirtschaft für die neue Legislatur an?
Der Druck auf die Werbewirtschaft wird hoch bleiben. Das links-grüne politische Spektrum will Werbung für Zucker, Fett, Alkohol, Autos und wohl auch andere Produkte laufend einschränken. Das ist eine klare Tendenz zum «Nanny-Staat», der die Bürgerinnen und Bürger bei der Geburt an die Hand nimmt und ihnen dann ein Leben lang sagt, was gut und was schlecht ist. Dem müssen wir entschieden entgegentreten.


Peter Schilliger, FDP, Nationalrat (LU)

Wieso braucht die Wirtschaft Werbung?
Werbung ist entscheidend, um die Verbraucher zu informieren, Marktbekanntheit aufzubauen und letztendlich Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen. Sie fördert den Wettbewerb, ermöglicht den Konsumenten den Zugang zu einer breiten Palette von Produkten und unterstützt sie in deren Kaufentscheidung. Unter anderem dank einer liberalen Werbepolitik haben viele innovative Produkte aus der Schweiz national sowie auch global an grosser Bedeutung gewonnen.

Wieso sind Werbeverbote schädlich?
Werbeverbote sind schädlich, weil sie Meinungs- und Wirtschaftsfreiheit, sowie Verbraucherinformation einschränken. Für eine funktionierende, innovative Wirtschaft brauchen Unternehmen zwingend die Möglichkeit, ohne grosse Einschränkung, über ihr Angebot informieren zu können. Ohne diese Freiheit fördern wir Monopolstellungen von bestimmten Unternehmen, was langfristig der Innovation, dem Verbraucherschutz und somit der freien Marktwirtschaft schadet. Zu guter Letzt muss ich festhalten, dass Werbevorbote meist auf Produkte zielen, welche legal im Handel sind!

Welchen politischen Erfolg in der letzten Legislatur war für Sie am bedeutendsten?
Ich möchte auf die grosse Menge von Vorlagen und Vorstössen hinweisen, die eine Markteinschränkung zur Folge haben. Dank einer breiten Allianz konnten die meisten abgewehrt werden. Gerne zitiere ich deshalb meinen ehemaligen Parteipräsidenten Philipp Müller zur Frage: was macht ein liberaler Politiker hauptsächlich in Bern? Seine Antwort: «zu 80% Unsinn verhindern!»