Text: Jürg Bachmann Bilder: zVg

Bald Vergangenheit? Blick auf einen Zeitungskiosk.

 

Die Enttäuschung nach dem 13. Februar 2022 war gross. Das Medienpaket, vom Parlament

mit viel Aufwand geschnürt, fiel nach einer wenig differenzierten Gegenkampagne und seltsamen Allianzen beim Volk durch. Es hätte viele Bedürfnisse des Mediensektors erfüllen müssen. Wohl zu viele. Entlastung oder Zuschüsse für Print, Radio, TV und Online ergaben einen überstrapazierten Kompromiss. Das Fuder war überladen und damit kaum mehr kommunizierbar. Versuche, kurz nach dem Volksentscheid wenig bestrittene Teile im Parlament durchzubringen und damit zu retten, scheiterten. Der Ständerat sah darin, recht nachvollziehbar, eine Missachtung des Volkswillens und schickte alle Anträge bachab.

«Zwar sind sich alle einig, dass Medien gefördert werden müssen, aber es gibt keinen Plan.»

Medienförderung wohin?

Nun steht die Schweizer Medienförderung auf Feld eins. Zwar sind sich alle darin einig, dass Information und Medien gefördert und abgesichert werden müssen, aber es gibt keinen Plan. Zudem lassen Bundesrat und das zuständige Bundesamt für Kommunikation (Bakom) verlauten, die Branche müsse nun schon selbst mit Vorschlägen kommen, wenn sie vom Bund konkrete Schritte wolle. Immerhin sind in kurzer Zeit zwei Vorlagen gescheitert. Zuerst das Bundesgesetz für elektronische Medien (BGeM), das schon in der Vernehmlassung durchfiel, und dann das mit viel Aufwand gezimmerte Medienpaket, das die Hürde im Volk nicht schaffte. Ohne den Beteiligten Zeit zu lassen, über die Lage nachzudenken und ein Projekt aufzusetzen, hiess der Nationalrat schon bald nach der verlorenen Abstimmung ein Postulat von Nationalrätin Katja Christ gut, das den Bundesrat auffordert, ein Konzept für die künftige Medienförderung zu entwickeln und vorzuschlagen. Der Ball liegt beim Bundesrat, der ihn eigentlich gar nicht will.

Grossprojekte, wie das Postulat Christ eines zu werden droht, neigen dazu, Jahre zu brauchen, bis sie, meist nach langem Vernehmlassungsverfahren, nur schon kommissionsreif sind. Ganz zu schweigen vom parlamentarischen Prozess zuerst in den Kommissionen, dann in den Räten, der erfahrungsgemäss bei solchen Themen nochmals viel Zeit beansprucht. Gerne wird der Auftrag zunächst filetiert, Unterprojekte werden an Gremien,

Schulen und Forschungsstellen vergeben. Gerade nach dem etwas eilig gezimmerten BGeM soll dieses Mal nichts ausgelassen werden, was später auf wenig durchdachte und allseits abgesicherte Ausführung schliessen liesse. Alle Beteiligten werden sich dieses Mal auf alle Seiten absichern. Derweilen fliesst kein Geld. Probleme und Herausforderungen bleiben ungelöst. Die Welt entwickelt sich weiter. Auch die Medienwelt.

«Der gleiche Staat, der die Medien mit öffentlichem Geld unterstützen will, schränkt Werbung ein.»

Gibt es noch eine andere Sichtweise?

Da die Medienwelt nicht so lange warten kann und will, sind auch andere Ansätze gefragt. Sowieso sollte sich die Diskussion um die Medienförderung nicht nur auf die Umlage von staatlichem und Gebührengeld auf private Medien konzentrieren. Denn diese verfügen zum Glück noch über andere Einnahmequellen. Medien leben entweder von Abonnements- und Werbeeinnahmen oder ganz von Werbeeinnahmen. Bei Onlineangeboten kommen Transaktionseinnahmen dazu. Abonnements und Werbung bilden traditionell die Hauptquellen für die Finanzierung eines Medienangebots. Während die direkte

Mitfinanzierung über Abonnierende und Konsumentinnen und Konsumenten immer anspruchsvoller wird, leidet die Werbebranche darunter, dass sie sich einerseits mit immer mehr Werbeverboten herumschlagen und andererseits zusehen muss, wie Werbeplätze verschwinden, aufgehoben oder einfach verboten werden. Das ist ein gefährlicher Trend. Lesen wir das Monitoring der hängigen politischen Vorstösse, das wir bei KS/CS Kommunikation Schweiz permanent führen, stellen wir eine steigende Flut von Vorstössen fest, die alle darauf abzielen, Werbung zu beschränken oder zu verbieten.

 

Ernährung und personalisierte Werbung

Aktuell sind zwei Postulate auf nationaler Ebene besonders erwähnenswert, die beschränkenden Charakter aufweisen. Zum einen soll Werbung, die nicht der Ernährungsstrategie der Schweiz entspricht, verboten werden (Postulat Meret Schneider, 21.3836). Zwar wisse die Bevölkerung durchaus, was gesunde Ernährung sei, schreibt die Postulantin unter Verweis auf eine Umfrage. Aber sie handle nicht genug danach. Also soll Werbung für solche Nahrungsmittel verboten werden, die als ungesund qualifiziert wird. Werden Konsumentinnen und Konsumenten nicht mehr auf solche aufmerksam gemacht, werden sie sich auch gesünder ernähren. Zum anderen wird gefordert, dass mit einer Gesetzesänderung der Einsatz von personalisierter Werbung verboten oder stark reguliert werden muss (Postulat Fabien Fivaz, 21.4498). In der Begründung steht wörtlich: «Dieses Postulat fordert den Bundesrat auf, die Auswirkungen von gezielter Werbung, die auf Datenbeschaffung beruht, zu untersuchen und in einem Bericht eine Gesetzesänderung vorzuschlagen, um den Einsatz von Werbung zu verbieten oder stark zu regulieren.» Damit sind die Algorithmen, die die Plattformen nutzen und an denen sich der Postulant stört, zwar weder transparent noch verschwinden sie. Aber immerhin ist die Werbung dafür verboten! Neben den nationalen Vorstössen sind aber auch kantonale und kommunale Bestrebungen relevant. In den Städten Bern, Genf und Zürich wurden jeweils Vorstösse eingereicht, die Werbeplätze einschränken oder Werbung als Ganzes aus der Stadt verbannen möchten. Abgesehen davon, dass solche Vorstösse immer darauf hinauslaufen, Bürgerinnen und Bürger zu bevormunden und ihnen die Kompetenz abzusprechen, zu entscheiden, was gut ist für sie und was nicht, führen sie dazu, dass dem Mediensektor immer mehr Geld weggenommen wird. Geld, das kaum in der Schweiz bleibt, sondern auf internationale Plattformen fliesst, die sich an weniger Regeln halten müssen.

 

Werbung ist wichtig für die Information. Sie braucht Platz und Raum!

Die Strategie, die wir in der Schweiz verfolgen, ist widersprüchlich, wenig nachvollziehbar und noch weniger sinnvoll. Parlament und Verwaltung sind sich darin einig, die Medien wegen ihrer staatspolitisch bedeutenden Rolle zu unterstützen. Sie schnüren Pakete und planen Förderprogramme. Aber der gleiche Staat, der die Medien mit öffentlichem Geld unterstützen will, schränkt auf parlamentarischem Weg eine der natürlichen, erprobten und effizienten Finanzierungsquellen, die Werbung, immer mehr ein. Als Dachverband der Schweizer Werbung unterstützt KS/CS Kommunikation Schweiz jede Massnahme, die dazu dient, die Medien der Schweiz zu stärken. Gut informierte Bürgerinnen und Bürger sind Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie und die Beteiligung an den staatlichen Prozessen. Weil die Finanzierung von Information aber immer schwieriger wird, wehrt sich KS/CS dagegen, dass auch das zweite Standbein, die Werbung, eingeschränkt wird. Denn das führt fast zwangsläufig dazu, dass die Medien noch abhängiger werden von direkten oder indirekten staatlichen Zuschüssen. Hier Werbung verbieten und da Geld aus der

Staatskasse einschiessen ist keine sinnvolle Strategie. Werbung ist ein wichtiges Mittel für die Transparenz in Staat und Demokratie. Sie darf nicht mit Verboten missbraucht werden für die angebliche Lösung von scheinbar unlösbaren gesellschaftlichen Problemen. Dazu ist ihre Funktion bei der Mitfinanzierung eines funktionierenden Mediensystems in der Schweiz viel zu wichtig.