In der Schweiz droht ein Werbeverbot für Lebensmittel


Aktueller Stand: Der Bund plant eine Gesetzesänderung

Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hat angekündigt, dass es voraussichtlich im Herbst Gesetzespläne präsentieren wird, um an Kinder gerichtetes Marketing für gewisse Lebensmittel einzuschränken. Das BLV argumentiert, dass Kinder für Werbung sehr empfänglich seien und dass zur Bekämpfung von Übergewicht etwas unternommen werden sollte. Deshalb werde die Regulierung der Kinderwerbung für zu süsse, zu fettige und zu salzige Produkte im Rahmen der geplanten Revision des Lebensmittelgesetzes geprüft. Die in den Medien genannte Gesetzesänderung lautet: «Der Bundesrat kann die Werbung für Lebensmittel für Kinder unter 13 Jahren einschränken, sofern die Lebensmittel spezifische Kriterien namentlich betreffend Fett-, Salz- oder Zuckergehalt auf der Grundlage von international oder national anerkannten Ernährungsempfehlungen nicht erfüllen.» Besonders beunruhigend: Die neuen Regeln sollen für Werbung in sämtlichen Medien gelten und eine breite Produktpalette umfassen.  Zum Beitrag.

 


Analyse der Grundlagen: Was steht in der zitierten BLV-Studie drin?

Das BLV verweist in der Argumentation für mehr Regulierungen auf eine vom BLV in Auftrag gegebenen Studie, die mit 77 Kindern zwischen 4 und 16 Jahren 20 Tage lang gemessen hat, wie viele Werbeeinschaltungen sie beim Surfen im Internet sehen. Die Kinder wurden anhand der persönlichen Netzwerke des Forschungsteams zufällig ausgewählt. Wie repräsentativ diese Auswahl für die gesamte Schweiz ist, bleibt dahingestellt. Nur gerade 12% der über den Zeitraum der Studie analysierten Werbungen waren für Lebensmittel. Über 20 Tage verteilt schaute ein Kind im Durchschnitt total 78 Sekunden lang Lebensmittelwerbung, mehrheitlich auf YouTube (95%). Auf einer Plattform also, welche mit YouTube Kids eine kinderfreundliche Version anbietet, auf welcher Lebensmittelwerbung komplett verboten ist. Dass von Unternehmen angebotene und durch die Eltern einfach umzusetzende Alternativen gar nicht berücksichtigt werden, ist irritierend. Es fragt sich, inwiefern diese Resultate als Regulierungsgrundlage ausreichen. Besonders im Zuge dessen, dass eine Studie der ETH Zürich feststellt, dass die Gewichtsprobleme bei Kindern in der Schweiz zwischen 2002 und 2018 nicht zugenommen haben. Zum Beitrag.

 

Reaktionen und Auswirkungen eines Verbots


Was eine strikte Umsetzung von WHO-Richtlinien bedeuten würde

Äusserst problematisch ist die mögliche Übernahme von den international anerkannten Ernährungsempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Diese sind extrem weitgehend, da sie sich auf spezifische Grenzwerte an Fett, Salz oder Zucker orientieren. Beispielsweise haben Gruyère, Fondue oder Raclette alle mehr als die für Käseprodukte erlaubten 17g Fett pro 100 Gramm. Neben Werbeeinschränkungen für Süssigkeiten und Snacks hätte es auch zur Folge, dass Milch- und Fertigprodukte, Säfte, Fleisch, Fisch, verarbeitete Früchte und Gemüse, Saucen und andere Lebensmittel stark von Regulierungen betroffen wären. Eine solche Umsetzung würde dem Bundesrat enorm viel Spielraum erlauben, um Werbeverbote festzulegen. Zum Beitrag.

 


Reaktionen der Branchen: Es wird bereits viel gemacht

Bereits seit 2010 halten sich viele der Schweizer Lebensmittel- und Getränkehersteller an den Swiss Pledge. Die Selbstverpflichtung schreibt vor, dass Firmen keine Werbung für bestimmte Lebensmittel machen, wenn mindestens 30 Prozent des Publikums eines Mediums Kinder unter 13 Jahren sind. Das scheint den Behörden aber nicht zu reichen. Mögliche Folge: Werbung für gewisse Lebensmittel wird verboten, wenn diese Kinder erreichen kann. Das liefe auf ein extremes Werbeverbot hinaus, wonach auch Erwachsene kaum mehr Werbung für diese Lebensmittel sehen würden. Werbung ist aber grundsätzlich Information, welche nicht einfach vorenthalten werden darf. Zum Artikel.

 

vom kommenden Verbot betroffen? Engagieren wir uns gemeinsam!