Autor: Hendrik Fischer (publiziert in «Persönlich», September 2023)

Der sehr fundiert begründete Entscheid der SLK ist Beleg dafür, dass die werbliche Selbstkontrolle in der Schweiz funktioniert. Er ist auch Beleg dafür, dass diese werbliche Selbstkontrolle kein Feigenblatt ist. Vielmehr setzt sie hohe Anforderungen an das Verbot der Irreführung oder Täuschung, gerade im Bereich der Werbung mit Umweltargumenten. Weitere gesetzliche Vorschriften zum Thema Greenmarketing oder auch «Greenwashing» sind daher, aus Sicht von KS/CS Kommunikation Schweiz, nicht notwendig.

Der FIFA-Entscheid lässt sich gemäss SLK wie folgt zusammenfassen:
Die Beschwerden, die Ende letzten Jahres aus der Schweiz, Frankreich, Belgien, Grossbritannien und den Niederlanden bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission eingereicht wurden, hatten alle denselben Inhalt: Die FIFA habe bei ihrer Kommunikation zur Klimaneutralität der Fussballweltmeisterschaft in Katar unlautere Aussagen gemacht. In einem anschliessend aufwändigen Verfahren wurden alle fünf Beschwerden gutgeheissen.

Die SLK definierte in ihrem Entscheid die Anforderungen, welche für das Werben mit Klimaneutralität erfüllt sein müssen. Dabei beteuert die Kommission, dass ein strenger Massstab gelten muss, wenn es darum geht, die Richtigkeit von Umweltbehauptungen zu beweisen. Die SLK hält sich dabei an die entsprechenden Vorgaben des Marketing- und Werbekodex der International Chamber of Commerce ICC. (Kapitel D des ICC Kodex: Werbung und Marketing mit Umweltbezug, siehe auch unter «Dokumentation» auf www.faire-werbung.ch). Dieser globale Orientierungsrahmen sorgt dafür, dass verantwortungsvolle Marketing- und Werbeaktivitäten möglich sind und als Selbstregulierungsgrundlage die Notwendigkeit gesetzlicher Beschränkungen minimiert.

Die SLK kommt zum Schluss, dass nicht behauptet werden darf, Nachhaltigkeitsziele seien erreicht worden, solange keine definitiven und allgemein akzeptierten Methoden zur Messung der Nachhaltigkeit oder zur Sicherung ihrer Durchführung vorliegen. Die Beweislast liegt jeweils beim werbenden Unternehmen. Den von der SLK geforderte Nachweis der Richtigkeit konnte die FIFA im vorliegenden Verfahren nach Auffassung der Zweiten Kammer nicht erbringen.

In ihren Ausführungen gab die FIFA zwar offenbar an, sie habe die im Voraus geschätzten 3,63 Millionen Tonnen CO2 bereits kompensiert. Zudem habe sie wiederholt in Aussicht gestellt, die zu einem späteren Zeitpunkt definitiv zu berechnenden Emissionen vollständig zu kompensieren. Sie wies die Kompensation der ex-ante geschätzten Emissionen jedoch nach Ansicht der SLK nicht nach und legte auch kein Konzept vor, wie sie eine allfällige weitere Kompensation vornehmen wird. Zudem blieb nach Auffassung der SLK unklar, ob die Kompensationsmassnahmen den Schweizer Standards entsprechen. Diese fordern unter anderem einen vollständigen und dauerhaften Entzug von CO2 aus der Atmosphäre.

Die SLK empfiehlt der FIFA, inskünftig auf die beanstandeten Aussagen zu verzichten. Insbesondere darauf, dass die Fussballweltmeisterschaft 2022 in Katar klima- bzw. CO2-neutral sei. Es sei denn, sie kann zum Zeitpunkt der Kommunikation einerseits den vollständigen Nachweis der nach allgemein akzeptierten Methoden vorgenommenen Berechnung aller aufgrund des Turniers kausal verursachten CO2-Emissionen sowie andererseits den Nachweis der vollständigen Kompensation dieser CO2-Emissionen erbringen. Der vollständige Entscheid ist auf der Website der Schweizerischen Lauterkeitskommission aufgeschaltet (www.faire-werbung.ch/de/entscheide/).

Der Entscheid ist ein klares Signal an alle Unternehmen und Organisationen, dass sie ihre Werbung mit Umweltargumenten nachweisbar und fundiert aufsetzen müssen, bevor sie mit Botschaften wie «klimaneutral» oder «CO2-neutral» werben wollen. Zudem zeigt sich, dass die Kundschaft mit den bestehenden, gut funktionierenden gesetzlichen und regulatorischen Massnahmen genügend geschützt ist. Nachhaltigkeit in der Unternehmenskommunikation spielt eine grosse Rolle. Es zeigt sich aber auch, dass mit diesem Begriff und dem enorm komplexen Thema Nachhaltigkeit vorsichtig und evidenzbasiert umgegangen werden muss.