Text: Jürg Bachmann Bilder: KS/CS Kommunikation Schweiz
Im eidgenössischen Parlament sind Vorstösse hängig, die bestimmte gesundheitspolitische Ziele auch mit Werbeverboten oder -einschränkungen erreichen wollen. Zum Beispiel will Nationalrätin Laurence Fehlmann Rielle (SP) mit der Interpellation 21.4077 den Konsum von zuckerhaltigen Lebensmitteln durch Kinder reduzieren. Um diese Kinder zu schützen, soll Werbung für diese Produkte verboten werden. Oder Nationalrätin Meter Schneider (Grüne) verlangt mit dem Postulat 21.3836, dass auf Werbung für Aktionen und Produkte verzichtet wird, die nicht der Ernährungsstrategie der Schweiz entsprechen, damit die Schweizer Bevölkerung keine solche Produkte konsumiere. Auch die Massentierhaltungsinitiative, über die wir demnächst abstimmen werden, wird bei einer Annahme Auswirkungen auf Werberegulierungen haben können. Die Liste lässt sich verlängern.
Entscheidungsfreiheit soll genommen werden
Immer prägen zwei Aspekten solche Vorstösse.
Der erste: Initiantinnen und Initianten gehen davon aus, dass Menschen auf ein bestimmtes Verhalten verzichten, wenn dafür nicht mehr geworben wird. Wenn ihnen also das Wissen vorenthalten wird, dass es ein bestimmtes Angebot überhaupt gibt. Vorenthalten von Wissen als erzieherische Methode und Mittel der gesellschaftlichen Regulierung.
Die zweite: Initiantinnen und Initianten unterstellen Konsumentinnen und Konsumenten, offenbar nicht in der Lage zu sein, selber zu entscheiden, was ihnen nützt oder schadet, und allenfalls in welchen Mengen. Sie brauchen einen Staat, der ihnen die Entscheidung abnimmt. Denn sähen sie solche Werbung, würden sie wohl etwas essen oder tun, das aus einer bestimmten, gesellschaftlichen Optik schlecht wäre für sie. Allerdings besteht in der Gesellschaft nicht immer Konsens darüber, wie die Ziele dieser gesellschaftlichen Optik erfüllt werden sollen, sei es Volksgesundheit oder KIimaziele, beispielsweise. Vorsorglich soll der Staat also Werbung einschränken oder verbieten. In Genf will ein Reglement der städtischen Legislative, dass Werbung im öffentlichen Raum ganz verboten wird. Denn Werbung verleite zu Konsum, was per se schädlich sei für Mensch und Umwelt. Die städtische Bevölkerung von Genf wird das letzte Wort haben und kann voraussichtlich im November darüber abstimmen.
Verantwortung statt Bevormundung
Bei KS/CS Kommunikation Schweiz teilen wir die Bestrebungen um Gesundheit, Klima und Nachhaltigkeit, keine Frage. Aber wir pflegen ein anderes Menschenbild; eines von Menschen, die grossmehrheitlich sehr wohl in der Lage sind, für sich selber zu entscheiden, was ihnen nützt und was schadet. Eines von Menschen, denen man Produkte- und Dienstleistungsinformationen sehr wohl zumuten kann. Dieses Menschenbild ist auch in unserer Verfassung niedergeschrieben (Art. 6 BV). Wir sehen die politischen und gesellschaftlichen Gestaltungsoptionen nicht in Werbeverboten. Und wir wollen nicht ideologische, sondern faktenbasierte Diskussionen führen. Wie gerade eine in Österreich läuft.
Eltern erklären, was ihren Kindern wirklich schadet
Dort hat der Österreichische Werberat untersucht, wie sich das Ernährungsverhalten von Kindern während Corona verändert hat und welches die Ursachen von Übergewicht bei Kindern sind. Der Auftraggeber, der Österreichische Werberat, fördert «mittels freiwilliger Selbstbeschränkung der Österreichischen Werbewirtschaft das verantwortungsbewusste Handeln der Werbewirtschaft und ihr Ansehen in der Werbung». Sein Pendant in der Schweiz ist die Stiftung für die Lauterkeit in der kommerziellen Kommunikation bzw. die Schweizerische Lauterkeitskommission, die von Nationalrat Philipp Kutter (Die Mitte) geleitet wird, und die eng mit KS/CS Kommunikation Schweiz verbunden ist.
Durchgeführt wurde die Elternbefragung in der zweiten Jahreshälfte 2021 bei 1’000 Personen. Nachzulesen ist sie auf der Webseite des österreichischen Werberats.
Eltern haben in der Studie festgestellt, dass während Corona, das natürlich auch den Alltag ihrer Kinder beeinflusst hat, vor allem passive, sitzende Aktivitäten rund um Internet und Social Media sowie Videospiele zugenommen haben; gesunken sind Bewegung und sportliche Aktivitäten. Da es fast nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich war, das eigene Haus zu verlassen, hat Übergewicht bei Kindern zugenommen. Was waren Ursachen? Ausschlaggebend für das Verhalten ihrer Kinder sei ihre Vorbildfunktion und ihr eigenes Verhalten, gaben die Eltern zu Protokoll. Wenn sie ihre Kinder gesünder ernähren wollten, brauchten sie mehr Informationen zu den konsumierten Lebensmitteln. Da sei Werbung eine geschätzte Informationsquelle gewesen. Die Bedeutung von Informationen über Produkteneuheiten und Innovationen im Lebensmittelbereich mittels Werbung haben die befragten Eltern als sehr hoch eingestuft. «Nicht die werbliche Kommunikation an sich ist für die Eltern bei der Entstehung von Übergewicht relevant. Vielmehr werden eigene Fehlverhalten als Ursache erkannt», lässt sich Werberatspräsident Michael Straberger zitieren. Fast 80% der befragten Eltern haben zudem angegeben, dass sie mit ihren Kindern Gespräche über Wirkung, Zweck und Ziele der Werbung führen.
Wer Werbung verhindert, schadet der Volkswirtschaft
Diese Studie ist ein wertvoller Puzzlestein in einer gesellschaftlich wichtigen Diskussion. Auch KS/CS Kommunikation Schweiz will Gesundheit und Nachhaltigkeit fördern. Und sehr viele Werberinnen und Werber teilen diese Ziele und richten ihre Werbung danach aus.
Aus diesem Grund setzen wir uns für freie, verantwortliche Werbung ein. Auch angesichts ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung: Denn Plakatwerbung im öffentlichen Raum dient nicht nur der wertvollen Vermittlung von Informationen, sondern entlastet auch die kommunale Kasse und damit jeden einzelnen Steuerzahlenden. Und die Medien haben im Rahmen der Wirtschaftsfreiheit ein Recht darauf, sich über Werbung zu finanzieren. Alle Einschränkungen unterbinden nicht nur die freie Kommunikation, sondern schaden auch dem Werbeplatz Schweiz, seiner Kreativität, seinen Arbeitsplätzen und seiner wichtigen Wertschöpfung.
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