Eine Reise durch die Zeit
Das Jahr 1953 ist so etwas wie die Geburtsstunde der neueren Schweizer Medienwelt. Damals flimmerte und flackerte im Versuchsbetrieb das erste Fernseh-Programm in die Schweizer Stuben. Gut zehn Jahre später folgte der erste Werbespot und das Fernsehen wurde zum Massenmedium. Was schwarz-weiss, verschwommen und wacklig begann, hat sich festgesetzt wie kaum ein anderes Gerät. Aus gelegentlichen und exklusiven TV-Konsumentinnen und -Konsumenten wurde die Generation Bildschirm – mit Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Werbung und die kommerzielle Kommunikation.
Nein, ein Urknall war es nicht gerade, als am 20. Juli 1954 um 20.15 Uhr ein Testbild aufgeschaltet wurde und um 20.30 Uhr das Programm der SRG startete. Eher könnte man es nach Versuchssendungen Anfang der 50er Jahre ein Hineinschleichen in die Schweizer Haushalte nennen. Zu gross waren die Bedenken und die Befürchtung, das Fernsehen gefährde das Familienleben. Zeitungen warnten und laut SRF befürchteten die Radiofans, dass das Fernsehen zu Lasten der Radiogebühren gehen würde. Hat jemand gesagt, die Kämpfe um Gebührenhöhen und Verteilung seien eine neuzeitige Erscheinung? Und doch: Fernsehen und die damit verbundenen Möglichkeiten für Emotionen, audiovisuelle Reize und Authentizität waren damals wie heute faszinierend.
Die 1950er Jahre: «Endlich mehr Freiheit!»
Die 50er Jahre sind nicht nur in den USA geprägt vom Wirtschaftswunder, auch die Schweiz erlebt ein solches. Die Wirtschaft wächst, der Lebensstandard steigt, die Löhne ziehen mit, neue Produkte und Innovationen kommen auf den Markt. Stellvertretend für die damalige Zeit ist der erste Schweizer Waschvollautomat, der – sorry, keine Genderneutralität – vor allem die Mütter vom Mühsal der Handwäsche befreite. Der Hersteller Schulthess entwickelte dieses Wundergerät zum Preis von 6000 Franken bei einem Durchschnittslohn, der 1951 nominal 12 Mal und bereinigt als Reallohn 2,6 Mal tiefer war als heute. Beworben wurde die Wundermaschine von Schulthess mit den Worten «Endlich mehr Freiheit!», was sinnbildlich für diese Zeit steht.
Stereotype Rollenbilder und ihre Gegenkultur
Und die Werbung? In den 50er Jahren dominierten stereotypische Bilder, die heute von der Schweizerischen Kommission für Lauterkeit in der kommerziellen Kommunikation samt und sonders als sexistisch abgestempelt würden: die Hausfrau sorgte für das traute Heim, das männliche Familienoberhaupt sorgte sich um Familie, Prestige und den Genuss und die Kinder posierten als handzahme Staffage der glücklichen Familie.
Immerhin: In den 60er Jahren erfasste auch die Schweiz die Gegenkultur. Die Werbung richtete sich nach und nach von bevormundeten an mündige Konsumentinnen und Konsumenten. Man ist versucht, einen Bogen von den sozialen Bewegungen der 60er wie die Bürgerrechtsbewegung und die Hippie-Kultur zur Werbung zu schlagen, die zunehmend Themen wie Individualität, Freiheit und Selbstbestimmung aufgriff. «Erlauben Sie, dass man Sie für eine Marionette hält?», so richtete sich damals eine Kampagne der Schweizerischen Reklameverbandes (SRV) an die Konsumentinnen und Konsumenten.
Zunehmende Regulierung und Werbebeschränkungen
Bereits in jenem Jahrzehnt kamen erste Diskussionen über Gesundheitstehmen und die Beschränkung von Alkohol- und Tabakwerbung auf. Zwar war das Kartellgesetz von 1962 noch ein ausgesprochen zahnloser Tiger, der in erster Linie Kartellmitgliedern einen Austritt aus einem Kartell erleichterte. Der Stellenwert des Wettbewerbs war gering
1966 Gründung der Schweizerischen Lauterkeitskommission
Der öffentliche Druck wuchs und die Werbewirtschaft, vorausschauend geführt vom Schweizerischen Reklameverband, der Vorängerorganisation von «Schweizer Werbung», heute KS/CS, kümmerte sich mehr und mehr um die Einhaltung ethischer Standards in der Werbung. Dafür rief KS/CS 1966 die Schweizerische Lauterkeitskommission ins Leben. Als neutrale, unabhängige Institution der Kommunikationsbranche erfüllt sie seit bald 60 Jahren die wichtige werbliche Selbstkontrolle. Die Fachexpertinnen und Fachexperten, paritätisch vertreten durch Konsumentinnen und Konsumenten, Medienschaffende und Werbende, erlässt Empfehlungen und sorgt dafür, dass rechtliche Risiken von Klagen oder staatlichen Strafverfahren vermieden werden können.
KS/CS damals wie heute
Die Rolle von KS/CS hat sich weiterentwickelt, doch die Kernwerte blieben bestehen: Selbstverantwortung und Entscheidungsfreiheit. Die Branche steht vor neuen Herausforderungen. Fragen rund um Nachhaltigkeit, unlauterer Wettbewerb, Persönlichkeits- und Datenschutz sowie zu den Auswirkungen von Werbung auf die Gesellschaft sind heute relevanter denn je.
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